Posts Tagged: Farbwiedergabe

Wie aus ein paar nüchternen Zahlen ein Tabellenwerk wurde

Heute geht es um die erstaunliche Karriere von ein paar Zahlen, die man einst recht gut begründen konnte. Die Begründung steht z.T. sogar in der Tabelle selbst. So etwa "Hast Du mittlere Kontraste, sind 500 lx bis 750 lx gut. Sind die Kontraste in der Sehaufgabe mies, brauchst Du schon mehr. 1000 lx bis 1500 lx". Beleuchtungsniveau begründet mit der Schwierigkeit der Sehaufgabe. Was denn sonst? Die unten angezeigte Tabelle zeigt den Stand 1970, die Logik selbst gab es schon in den 1930ern.

Aus dieser kleinen Tabelle hat sich im Laufe der Jahre eine neue entwickelt, die sich sehen lassen kann. Sie hat erstens viele neue Spalten, an die früher niemand gedacht hatte. Zweitens - das kommt später - hat ihre Länge jegliche Phantasie des normalen Menschen gesprengt. Aber erst einmal die Spalten und ihre Bedeutung.

Bereich der Sehaufgabe/Tätigkeit

Hier steht der Zweck des Raums, für den die restlichen Anforderungen gelten. So etwa "Räume für ärztliche Behandlungen" oder "Gesichtsbeleuchtung vor Spiegeln" oder "Sortieren und Waschen von Produkten, Mahlen, Mischen, Verpacken"

gibt den minimalen Wartungswert der Beleuchtungsstärke Ēm,r auf der Bewertungsfläche für den Innenraum (Bereich) an, in dem die Aufgabe oder Tätigkeit aus Spalte 2 ausgeführt wird.

gibt den höheren Wartungswert der Beleuchtungsstärke Ēm,u auf der Bewertungsfläche für den Innenraum (Bereich) an, in dem die Aufgabe oder Tätigkeit aus Spalte 2 ausgeführt wird.

gibt die Mindestwerte der Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärke Uo auf der Bewertungsfläche für den nach Anmerkung 1 gewählten Wartungswert der Beleuchtungsstärke Ēm an.

enthält die Mindestwerte der Farbwiedergabe-Indizes (Ra) (siehe 4.7.3) für die in Spalte 2 aufgelistete Situation.

gibt die maximalen UGR-Grenzwerte (Unified Glare Rating limit, RUGL) an, die für die in Spalte 2 aufgelistete Situation gelten

gibt die Mindestwerte der zylindrische Beleuchtungsstärke ĒZ für die Erkennung von Objekten und Personen an, wie in Abschnitt 5 beschrieben

zeigt die Mindestwerte der mittleren Beleuchtungsstärke an Wänden Ēm,Wand wie in Abschnitt 5 beschrieben

zeigt die Mindestwerte der mittleren Beleuchtungsstärke an Decken Ēm,Decke wie in Abschnitt 5 beschrieben

Spezifische Anforderungen

hier steht das Besondere, z.B. dass man die Beleuchtung in jeder einzelnen Toilette einzeln planen muss, wenn diese vollständig geschlossen sind. Oder "Die Beleuchtung sollte so gestaltet sein, dass sie die passende Atmosphäre schafft." (bei Restaurants)

Ich denke, dass jeder genug hat, wenn er es bis hierher geschafft hat. Deswegen will ich auf die weiteren spezifischen Bedingungen lieber nicht eingehen. Wer als Lichtplaner in einem weiten Bereich der Industrie tätig werden möchte, muss all diese Anforderungen in Listen ablesen, die insgesamt 40 Seiten umfassen. Ist das alles?

Leider nein! Da fängt die Arbeit erst richtig an. Denn es gibt kaum noch einen Bereich, in dem die so bestimmten Sehanforderungen für die Arbeit relevant sind. Die Leute arbeiten nämlich seit einiger Zeit mit Bildschirmen. Das ist der Lichttechnik anscheinend so neu wie das Internet unseren Politikern. So steht z.B. unter "Flugsicherungsturm" nach 8 verschiedenen Anforderungen als "Spezifische Anforderungen" das: "Bildschirmarbeit, siehe 4.9." Soweit ich weiß, wurde in der Flugsicherung die Bildschirmarbeit vor über 40 Jahren eingeführt. Warum man einen Haufen Anforderungen (s. oben) für die Beleuchtung formuliert und dann als "spezifische Bedingungen" auf die Bildschirmarbeit verweist, bleibt ein Geheimnis derer, die das große Werk vollbracht haben. Nichts ist spezifisch an der Bildschirmarbeit. Spezifisch ist eine Arbeit, wenn man sie ohne Bildschirm erledigen darf oder kann. Man könnte das ganze Vorgehen auch ungestraft Unsinn nennen, weil selbst die ach so gestrige Gesetzgebung (Arbeitsstättenverordnung) längst anerkannt hat, dass eine getrennte Betrachtung von Bildschirmarbeit von sonstiger Arbeit schon lange keinen Sinn mehr macht. Deswegen hat der Staat die Bildschirmarbeitsverordnung abgeschafft und 2014 eine einheitliche ArbStättV erarbeitet. Der Arbeitsschutz durch die Berufsgenossenschaften hatte aber schon 1980 Regeln geschaffen, die auf der Annahme beruhten, dass künftig alle neuen Arbeitsplätze mit Bildschirmen ausgestattet würden.

Der glückliche Lichtplaner erfährt durch die in 2021 erlassene Norm u.a. "EN ISO 9241-307 enthält Anforderungen an die visuellen Eigenschaften von Displays bezüglich unerwünschter Reflexionen." Diesen Hinweis muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Denn EN ISO 9241-307 enthält 201 Tabellen auf 209 Seiten. Doch damit nicht genug. Für diese Norm spielt der Lieferant eine sehr große Rolle. So heißt es z.B. "Der Lieferant muss den beabsichtigten Nutzungskontext sowie den Wert oder den Wertebereich eines Merkmales festlegen." In ähnlicher Weise wird der Lieferant 219 Mal angeführt! Sprich: Der Lichtplaner muss bei jedem fraglichen Bildschirm 219 verschiedene Werte prüfen, die der Lieferant frei nach Schnauze festlegen darf. Wenn er noch nicht gestorben ist, prüft er immer noch. Dass er in EN ISO 9241-307 irgendeine Anforderung finden könnte, ist aber ausgeschlossen. EN ISO 9241-307 ist eine Messnorm und darf keine Anforderungen enthalten. Sie sagt nur aus, dass ein bestimmter Bildschirm unter den Beleuchtungsbedingungen, die der Designer sich ausgesucht hat, einen hinreichend großen Kontrast aufweist. Was ist wenn der Designer die falschen ausgesucht hat? An keinem einzigen Bildschirm steht, für welche Bedingungen dieser gestaltet worden ist.

So groß kann keine Tonne sein, in die der Hinweis nach dieser Norm hingehört. EN ISO 9241-307 ist nämlich keine Norm, nach der man etwas tun kann. Sie beschreibt alle denkbaren Bildschirme, und der Anwender der Norm muss wissen, welche Anforderungen sich aus seiner Anwendung ergeben. Dann sucht er sich den Bildschirm aus, dessen beabsichtigter Nutzungskontext mit den Anforderungen der Anwendung übereinstimmt. Zu guter Letzt enthält die Norm noch einen Kardinalfehler: Die Beleuchtungsstärken in den lichttechnischen Normen, z.B. 500 lx, sind Mindestwerte, während diese in EN ISO 9241-307 als Maximalwert angenommen werden. Macht zwar keinen Sinn, ist aber so.

Während die Mitarbeiter der Flugsicherung mit Sicherheit keinen Schaden durch diese Norm erleiden werden, weil ihr Job so wichtig ist, dass man sich etwas mehr Gedanken macht (und was für welche), droht anderen Unheil. So wird für CAD-Arbeitsplätze 1000 lx als als höheren Wartungswert verlangt mit einer "zylindrischen" Beleuchtungsstärke von mindestens 150 lx und auch noch 100 lx an der Decke. Das sind wohlgemerkt die untersten Werte. Für die "Bildschirmarbeit" erfolgt wieder der Hinweis wie oben. Die Realität ist, dass CAD-Arbeit seit ihrer Erfindung vor 50 Jahren Bildschirmarbeit ist. Da das Licht praktisch nie nützt, aber fast immer stört, arbeiteten die Menschen seit Jahrzehnten in abgedunkelten Räumen. Das ist zwar bestimmt nicht gesund. Mit der nunmehr verschriebenen Beleuchtung werden sie überhaupt nicht mehr arbeiten können. Ob das gesund ist?

Worauf basieren eigentlich die detaillierten Anforderungen, die jeder Betrieb erfüllen müsste, wenn er keine bessere Lösung anbieten kann? Man soll bitte nicht darüber lachen, was Prof. Peter Boyce, einer der obersten Lichttechniker, festgestellt hat. Der Titel lautet übersetzt "Wahl der Beleuchtungsstärke nach Sehanforderungen und andere Märchen". Das gesamte Papier ist hier zu lesen. Die Norm (jetzt gerade Entwurf) kann man für 174,30 € kaufen.

Also, der Lichtplaner soll eine Sehleistung realisieren, die keiner braucht. Dazu schreiben lichttechnische Normen Mindestwerte für die Beleuchtungsstärke vor. Sogar für die an der Decke! Und sagen, wenn die Beleuchtung auf dem Bildschirm stört, guck in die Norm Sowieso. In der Norm Sowieso steht, die Mindestwerte seien Maximalwerte, weil deren Autoren nie in lichttechnische Normen geguckt haben. Und die Autoren von lichttechnischen Normen verweisen auf deren Werk, für den Fall, dass sich die Leute am Bildschirm geblendet fühlen. Auch ohne jemals es gelesen zu haben. so beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Sache ist aber ernst zu nehmen, weil die Arbeitsstättenverordnung einen blendfreien Bildschirm vorschreibt. Wenn man keinen zu fassen bekommt, ist die Beleuchtung schuld, weil man glaubt, dass die Blendung immer von der Beleuchtung verursacht wird. (§§ 6  Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen, § Straftaten und Ordnungswidrigkeiten). 

Wenn sich Ihr Lichtplaner nach einer anderen Beschäftigung sucht, wissen Sie warum. Was die Leute bei der Arbeit tun, wenn sie vor lauter Sehleistung nicht mehr arbeiten können, sehen Sie auf den Bildern an der Seite. Die sind nicht aus dem letzten Jahrhundert.

Hat das Tageslicht überhaupt einen Wert?

Bekanntlich kostet das Tageslicht nichts. Deswegen scheint es so, dass es auch nichts Wert ist. So jedenfalls wenn man die gängige Praxis beurteilt, dass bei jeder Gebäudesanierung das Tageslicht irgendwie auf der Strecke bleibt. Vor einigen Jahren hatte Jacobiak eine Studie veröffentlicht, die dies in Zahlenwerte gepackt hatte. Grund ist, dass man versucht, Gebäude energetisch zu verbessern und dabei mal Fenster verkleinert, mal noch eine Lage Fensterscheibe hinzufügt. Was kaum jemand weiß, ist dass die neuen Fassaden das Licht nicht nur dämpfen, sondern auch noch qualitativ verschlechtern. Hinter manchem Super-Glas wird die Farbwiedergabe grottenschlecht.

Das Märchen, dass himmlische Licht nichts kostet, verdanken wir natürlich einer Milchmädchenrechnung. Und da wo manches Milchmädchen zu Hause ist, und die Kühe keine gute Farbwiedergabe brauchen, weil alle blau sind, habe ich eine interessante Studie gefunden, die den Wert des Tageslichts auf eine unschlagbare Art und Weise nachweist: Mehrwert für Häuser und Wohnungen, getrennt nach Mietobjekten und Kaufobjekten. Der Auftraggeber war kein Mäzen, sondern eine Firma, die Dachfenster verkauft. Da ich mehrere davon verbaut habe, brauche ich die Studie eigentlich nicht zur eigenen Überzeugung.

Die Untersucher haben in der Schweiz Objekte evaluiert, die durch mehr als nur notdürftige Luken ein schönes Aussehen bekommen hatten. Was sind die Nutzer bereit, dafür zu zahlen? Hier zur Ansicht die Tabelle für Einfamilienhäuser, die sich sehen lassen kann. wer mehr wissen will, und genauer, kann hier weiterlesen.

Häuser in der Schweiz sind kostbar. Wenn man mehr Tageslicht hinein lässt, werden sie kostbarer. Und Mieter und Häuslebauer lassen sich das Tageslicht was kosten.

 

Daniel Düsentrieb in Panik

Der berühmteste aller Erfinder, der nichts unerfunden ließ, Daniel Düsentrieb, hätte sich vermutlich vor Neid erblasst das Leben genommen, wenn er von der Erfindungsgabe der Lichtmenschen erfahren hätte. Vermutlich hätte er aber sowieso nichts erfinden können, ohne die Erfindung der wichtigsten Person der Branche, Thomas A Edison. Denn ohne dessen Licht ist der Tag nur halb so lang. Unser Daniel arbeitet ja zudem nicht unter freiem Himmel, sondern in seiner Forscherstube. Dort findet man nichts ohne Edisons Licht, geschweige denn etwas erfinden. Und Helferlein wäre auch kopflos.

Allerdings hat Edison mit seiner Erfindung die Büchse der Pandora geöffnet. Die Menschen benutzen Licht bis zur Vergasung, sie machen damit die Nacht zum Tage. Und das geht gegen die Natur. Bei Nacht muss der Mensch nämlich schlafen. Und zwar nicht so abrupt, sondern schön vorbereitet. Dafür sorgt ein Hormon, das das Sonnenlicht scheut wie der Teufel das Weihwasser. Melatonin! Sobald sich die Sonne andere Himmel sucht zu scheinen als unseren, produziert der Körper Melatonin und erklärt damit allen seiner Zellen, dass demnächst der Sandmann kommt.

Wir können aber nicht mit den Hühnern in die Heier gehen. Im Dunkeln rumsitzen macht aber auch keinen Spaß! Also muss man ein Licht erfinden, das dem Körper sein Melatonin nicht stiehlt. Da kann man sehen und gesehen werden, aber der Körper produziert sein Melatonin munter weiter. Oooops, natürlich nicht munter, sondern circadian angemessen. Melatonin bereitet den Körper nämlich auf den Schlaf vor.

Wie kommt man zu so einem Licht, das einem den Pelz wäscht, ihn aber nicht nass macht? Ich versuche zu beschreiben, wie ich die Sache angehen will. Ob ich damit Erfolg habe, kann ich nicht garantieren. Aber notfalls verkaufe ich die Story einer Zeitung als Artikel.

So ein Projekt muss erstens so hoch aufgehängt werden, wie es nur geht. Es muss zwar nicht die UNO Menschenrechtskommission sein, aber höher als der Stadtrat von Posemuckel muss es schon. Also nicht zu bescheiden sein. Sagen wir mal das Forschungsministerium? Keine schlechte Idee, das Ministerium hat ja einst sogar Growian finanziert, die Großwindkraftanlage, damit nachgewiesen werden kann, dass es mit der Windenergie nie klappen wird. Das freute die Freunde der Atomenergie immens. Die unterstützten das Projekt öffentlich, um den Freunden der erneuerbaren Energien eins auszuwischen. Das Ministerium hatte sich damit quasi für mein Projekt qualifiziert und man müsste es daher leicht gewinnen können, z.B. wenn man erklärt, dass die Industrie wie eine Eins hinter dem Projekt steht. Welche Industrie? Ist egal.

Wie stellt man so was an? Das BMBF ist z.B. anfällig für das Wort intelligent. So zog ihm ein sehr bekanntes Unternehmen der Elektroindustrie Jahrzehnte lang Milliarden für die Entwicklung deutscher Computertechnik aus der Tasche, und verscherbelte dann die Reste an Fujitsu. Mit Computern würde Deutschland intelligenter werden, erklärte die Firma seinerzeit den Ministerialen. Da sie noch keine hatten, glaubten sie das auch. Also erzählt man, man würde intelligente Lampen entwickeln. Das tue ich unbesehen. Denn dumme Lampen entwickeln andere. Und ohne meine Lampen wird den Beamten kein Licht aufgehen. Wenn sie das Geld bewilligen, ist meine Lampe ja noch in der Entwicklung.

Leider ist es nicht allzu leicht, dem Ministerium das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich muss  mir Partner aussuchen, die geübt darin sind. Das sind die Manager von Großforschungseinrichtungen garantiert. Also suchen wir uns einen Partner aus der staatlich finanzierten Großforschung. Ich will den Namen meines Wunsch-Partners nicht verraten, denn sonst geht womöglich ein anderer schnell hin, dass ich das Nachsehen habe. Die Sache ist erstmal so gebongt.

Jetzt muss ich noch einen finden, der Ahnung von Lampenentwickeln hat. Da muss man nicht lange suchen. Denn einer der drei Firmen, die die Lampenentwicklung auf der Welt unter sich aufgeteilt hatten, sitzt bei uns in der Nähe. Dazu könnte ich noch eine nehmen, die sich im Schatten der Mauer um Berlin vor kapitalistischen Umtrieben geschützt hatte. Sie hat sogar die Treuhand überlebt, weil diese nach 1990 zu dämlich war, eine Lampenfabrik an ein Immobilienunternehmen zu verhökern. Der Deal wurde nach Protesten rückgängig gemacht. Also, die nehmen wir auch ins Boot.

Mir fehlt nur noch ein Partner, ein Leuchtenhersteller. Denn Lampen können noch so intelligent sein, auf eigene Faust leuchten können sie nicht. Sie brauchen eine Leuchte zum Leuchten. Wer das nicht begriffen hat, ist keine Leuchte, jedenfalls keine große. Also, damit das Ministerium garantiert überzeugt wird, nehme ich einen der größten der Branche. Die wollen auch intelligente Leuchten. Einer deren Manager hatte sogar von Leuchten geträumt, die den Benutzer erkennen und ihr Licht nach den Bedürfnissen dieses Menschen einregeln.  Eine Art elektrischer Wauwau, der erkennt das herannahende Herrchen und ändert seine Haltung. Die Leuchte leuchtet plötzlich, wie es mir passt. Wie die Leuchte aber reagiert, wenn ich mit meiner Frau darunter sitzen will? Egal, das intelligente Licht ist individuell. Heißt bei manchem Anbieter Personal Light. Vermutlich wird sie die angemessene Leuchtart entwickeln, wenn sich ein Paar unter ihre Fittiche begibt.

Ich bin fast fertig. Jetzt suche ich mir noch paar Forscher, die an die Sache glauben. Keine Sorge, ohne mein intelligentes Licht wachen die auch nicht auf. Ich muss nur noch dafür sorgen, dass die Lampe, die ich entwickele, nicht allzu helle leuchtet, und nicht allzu lange. Das könnte was auf Natriumbasis sein. Das ist ein Bestandteil der Stammwürze deutscher Küche, Tafelsalz. Es leuchtet so schön gelb. Deswegen beleuchtet man im Ausland Autobahnen damit. So kann der Autofahrer sein Melatonin dort ungestört entwickeln. Kein Problem, im Ausland gibt es Geschwindigkeitsbeschränkungen. Und wenn man zu Hause ist, ist man bettreif. Da bei uns aber nachts Ritter Bleifuß unterwegs ist, bleiben die Autobahnen dunkel.

Dummerweise braucht man zum Sehen nicht  irgendein Licht, sondern weißes. Also bringe ich dem Natrium das weiße Leuchten bei. Andere hatten es vor 30 Jahren vorgemacht. Die Natriumlampe brauchte damals nicht einmal Anschlüsse. Es leuchtete in einem elektrischen Feld so vor sich hin. Dummerweise nicht allzu lange, denn Natrium ist sehr, sehr aggressiv. Und Gläser, die dem standhalten, behalten das Licht besser in der Lampe für sich. Sie werden schnell blind. Also die Lampe funktionierte, produzierte viel Licht, aber es kam nur wenig aus ihr.

Mich juckt es nicht, denn bis das Ministerium die Sache merkt, habe ich meinen Projektbericht längst eingelöst gegen die Forschungsmillionen.

Ob das Geld aus dem Ministerium echt ist, kann ich unter meinem Licht nicht ausmachen. Es hat den Farbwiedergabeindex 20. Das ist unterirdisch schlecht. Also ziehe ich ihm noch mehr Geld aus der Tasche, damit das Licht meiner Lampe auch noch Farben zeigt. Man wird die Sache einsehen, denn Menschen, die sich auf den Schlaf vorbereiten, verzichten lieber auf die Nachtruhe, wenn Leute in ihrer Umgebung wie Zombies aussehen. Wenn man Licht haben will, das dem Organismus vortäuschen will, dass es doch nicht Nacht ist, wenn es doch Nacht ist, muss man halt mit entsprechend intelligenten Objekten Vorlieb nehmen.

Epilog: Aus der Traum! Meine Projektidee hat vor 15 Jahren tatsächlich  einer geklaut und umgesetzt. Vielleicht kaufe ich eine der intelligenten Leuchten/ Lampen, die die auf den Markt gebracht haben. Das Zeug muss sich verkaufen wie geschnitten Brot. Ist ja meine Idee!

Anm.: Die Bilder mit der Farbwiedergabe täuschen stark. Eine Wiedergabe des Bildes mit R = 20 würde noch schlechter aussehen. Das lässt sich aber mit vernünftigen Mitteln nicht schlimm genug darstellen.

Zum internationalen Tag des Lichts - Wackelpudding als Basis einer Wissenschaft

Einer nicht vermeidbaren Verschwörungstheorie zufolge hat alles, was um uns herum länger Bestand hat, eine wissenschaftliche Basis oder einen Erfahrungshintergrund. So sind angeblich die Tasten auf einer Computertastatur nicht zufällig so komisch verteilt, dass die wichtigsten Buchstaben wie A oder E mit dem falschen Finger (A mit dem linken kleinen Finger) bedient werden. Vielmehr sei die Verteilung auf die Sprache zurückzuführen. Wäre dem so und hätte ein Linguist die Buchstaben über die Tastatur verteilt, hätte er das E (17,40% aller Buchstaben in deutschen Texten) bestimmt nicht dorthin gepackt und das zweithäufigste Zeichen (N 9,78%) ganz woanders. Die Wahrheit ist, dass die Verteilung der Buchstaben auf einer deutschen Computertastatur bedingt ist a) durch die englische Sprache und b) durch die Typenhebelmaschine. Es sollte vermieden werden, dass man beim Tippen häufiger Wörter wie "the" Typenhebelsalat produziert. Der Spuk hätte im 2. Weltkrieg beendet werden können, als die Kugelkopfmaschine erfunden wurde. Wurde aber nicht. So werden wahrscheinlich die Tastaturen unserer Enkelkinder immer noch mit dem Erbe des 19. Jahrhunderts belastet sein.

Nicht so von Laien angenommen wie das obige Beispiel, sondern von hohen Gesellschaften beschworen, werden Empfehlungen zur Beleuchtung wie auch eventuell vorhandene Vorschriften streng auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen gegeben. Richtig so. Denn Licht hat - angeblich - eine sehr hohe Bedeutung für das menschliche Leben.

In Cyberlux hatte ich vor etwa zwei Jahrzehnten einige teilweise sehr alte Erkenntnisse zusammengestellt, die dafür sprachen, dass man möglichst schnell handeln möge, um die Licht-Wissenschaft auf den neuen Nenner zu bringen. Denn einer der Großen dieser Wissenschaft, Prof. Gall, seinerzeit Vorsitzender der Lichttechnischen Gesellschaft Deutschlands, hatte äußerst deutlich gesagt: "Spätestens nach dem Bekanntwerden der spektralen Wirkungskurve der optischen Sensoren für die Steuerung der circadianen Sehbahn im Jahr 2001 ist die Frage nach der Gestaltung der Lampenspektren für Beleuchtungszwecke erneut aktuell geworden. Die Berücksichtigung lediglich der spektralen Hellempfindlichkeitsfunktion V(λ) und der Normspektralwerte wird künftig nicht mehr als Bewertungskriterien in der Beleuchtungstechnik ausreichen."

  • Beleuchtung von Arbeitsstätten beeinflusst Gesundheit und Wohlbefinden (Çakir, 1990)
  • Licht kann Winterdepression mildern [Lewy AJ, Kern HA, Rosenthal NE, Wehr TA. 1982]
  • Licht kann die Dauer und Tiefe sowie Qualität von Schlaf erhöhen [Lack L, Wright H. 1993]
  • Licht kann den Schlaf-/Wachrhythmus von Alzheimerpatienten regulieren [Van Someren et al, 1997]
  • Licht kann die Leistungsfähigkeit von Nacht- und Schichtarbeitern erhöhen [Boyce et al, 1997, Figueiro et al, 2001]
  • Licht kann die Gewichtszunahme von Frühgeborenen verbessern [Miller et al, 1995, Brandon et al, 2002]
  • Die Aktivierung des circadianen Systems wird durch ein jüngst entdecktes Wahrnehmungssystem geregelt [Berson et all, 2002, Hattar et al, 2002]
  • Licht reguliert den Melatoninpegel [Lewy et al, 1980], von dem nachgewiesen wurde, dass er das Wachstum von Brustkrebs verringert [Dauchy et al, 1999, Blask et al, 1999]
  • Licht beeinflusst die Hirnrindenaktivität direkt [Badia et al, 1991]

Der Artikel, der diese Aufzählung enthielt, wurde im Jahr 2002 geschrieben und 2003 in Cyberlux frei verfügbar veröffentlicht, im Jahr 2009 wieder erneut veröffentlicht. Und dann? Die sich für das Licht weltweit allein zuständig fühlende Organisation hat im Jahr 2019 angekündigt, sie will tatsächlich was tun. (hier) Die Ankündigung erfolgte indes 70 Jahre nach der ersten Veröffentlichung mit dem Titel "Über die Bedeutung des Lichts für die Lebensvorgänge"

Was wird denn künftig anders gesehen als so etwa seit 1924? Wenn man böse ist, wird man sagen, nichts Neues. Denn die wesentliche Grundlage der gesamten Lichttechnik, die Definition von "Licht" bleibt. Dabei hatte ich 2003 den Artikel "Warum wir ein neues Bewertungssystem für die Strahlung und das Licht benötigen" geschrieben, um die Frage zu klären: "Wer bestimmt, was „Licht“ ist?" Eine sich seltsam anmutende Frage, da wir alle wissen, was Licht ist. Oder? In Wirklichkeit wissen wir zwar sehr viel über Licht, jedoch auch nicht näherungsweise auf welchem Wege Licht gemessen und bewertet wird und warum. Solches Wissen ist nur den „Fachleuten“ zugänglich. Aber auch denen ist fast nie bewusst, wovon sie reden. Denn so ist Licht seit etwa einem Jahrhundert definiert: "Licht ist sichtbare Strahlung" Und was sichtbar ist, hat die CIE 1924 definiert. Basta. Dummerweise hält sich die Natur nicht an das, was so Ingenieure definiert hatten.

Nach der Definition des Lichts ist Tageslicht folgerichtig "Teil der globalen Strahlung, die eine Sehempfindung hervorrufen kann." Ergo: Es hat noch nie einen Menschen gegeben, der das Tageslicht je erlebt hat. Die kommt nämlich in der Natur nicht vor. Sie kümmert sich nämlich nicht um Definitionen von Elektrikern.

Ob es irgendwelche Auswirkungen hat, dass man das Licht so und nicht anders sehen will? Eine ganz bestimmt: Menschen können ohne UV-Strahlung nicht leben. Und die ist nach CIE kein Licht. Einfach nicht. Zwar reden alle Ärzte von "UV-Licht" oder "Infrarotes Licht" und therapieren fleißig damit. Dennoch bleibt es dabei.

Ob das jemand der CIE melden sollte, dass die seit fast 100 Jahren was Falsches definieren? Braucht man nicht. Das hatte ein berühmter Lichttechniker nämlich schon damals in einem Buch auseinandergenommen.

Das Buch von Luckiesh und Pacini wurde 1926 veröffentlicht und sagte u.a. aus, dass der Ausschluss der UV -Strahlung von der Definition des Lichts sich schädlich auf die Volksgesundheit auswirken werde. Die CIE weiß die Sache also schon seit ihrer Entstehung. Ergo: Die Grundlage der Lichtwissenschaft ist fest wie Wackelpudding.

Allerdings ist eine Abgrenzung des Betrachtungsgegenstandes weder in der Technik noch in der Wissenschaft grundsätzlich falsch. Man tut es, um bestimmte Wirkungen zu kennzeichnen oder zu studieren. So trägt UV z.B. der Sehschärfe nicht bei, also kann man mit der Lichtdefinition der CIE durchaus leben, wenn es um die Sehschärfe geht. Man kann dies auch auf die Sehleistung erweitern. Und um diese geht es bei der Beleuchtung. Oder?

Ein kurzer Satz, und schon drei Fehler. Erstens, um die Sehleistung ging es früher, als es offiziell hieß : "Beleuchtung ist Anwendung des Lichts, um Dinge und Umgebungen sichtbar zu machen." Jetzt heißt es - von allen Experten unbemerkt geändert - "Beleuchtung ist Anwendung des Lichts". Was hat man davon? Wo ist die Aufgabe abgeblieben, die da hieß, Dinge sichtbar machen? Solange man künstliche Beleuchtung betrieb, also seit der Erfindung des Holzscheits, macht man Licht, damit man was sieht. Jetzt nicht mehr.

Kommen wir zum zweiten Fehler in dem kurzen Satz. Man weiß seit langem, dass Sehleistung allein nicht glücklich macht. Die Beleuchtung soll die Umgebung auch in ein nettes Licht tauchen. Daher war den deutschen Lichttechnikern Sehleistung nie genug. Sie wollten auch die Umgebung berücksichtigt sehen. Das hat sich ein Ausschuss zum Ziel gewählt, der Normen für Europa macht. Man bestimmt für jeden Arbeitsplatz, für den es einen Namen gibt, z.B. "Zentraler Korridor der Logistik (starker Verkehr)" die Beleuchtungsstärke, deren Gleichmäßigkeit, Farbwiedergabe, zulässige Blendung, zylindrische Beleuchtungsstärke, mittlere Beleuchtungsstärke an der Wand und an der Decke, und dient so den "Anforderungen an den Sehkomfort und die Sehleistung von Personen mit normalen oder auf normal korrigiertem Sehvermögen entsprechen" . Die Aufzählung der Arbeitsplätze füllt 42 Seiten. Und die wollen mit wissenschaftlicher Methodik gefüllt werden.

Fangen wir mit der Sehleistung an. Was ist das? So steht es in der Norm definiert: Sehleistung - Leistung des visuellen Systems. Wer hätte das gedacht? Und Sehkomfort? Subjektives Wohlbefinden. Man leitet aus diesen beiden Begriffen Anforderungen für alle Europäer an ihre Arbeitsumgebung ab. Und wie kommt man zu den vielen Zahlenwerten? Beispielsweise kommt die Zahl 500 466 Mal vor. Man muss also fast 500 unterschiedliche Arbeitsplätze unter die Lupe genommen haben und dabei "Leistung des visuellen Systems" zu Grunde gelegt.

Da man aber gleichzeitig Subjektives Wohlbefinden berücksichtigen muss, muss etwa 500 Mal sowohl danach als auch nach Leistung des visuellen Systems der Wert 500 Lux herausgekommen sein. Ein Zufall aber auch.

Halten wir fest: Es geht nicht um Sehleistung. Wenn es darum ginge, hätte man sich dafür eine bessere Definition ausgedacht. Außerdem ist die Realität noch viel komplizierter, Denn die 500 x 500 Lux ergeben sich nicht allein aus Sehleistung und Sehkomfort: Die Norm führt etwas mehr an:

"Die Werte gelten für übliche Sehbedingungen und berücksichtigen die folgenden Faktoren: — psychophysiologische Aspekte wie Sehkomfort und Wohlbefinden; — Anforderungen an Sehaufgaben; — visuelle Ergonomie; — praktische Erfahrung; — Beitrag zur Betriebssicherheit; — Wirtschaftlichkeit." Das scheint echt solide Ingenieurarbeit zu sein, aus so vielen Faktoren für übliche Sehbedingungen 500 x 500 Lux zu ermitteln.

Jetzt noch schnell zu dem dritten Fehler in dem Satz, der da besagt, dass Beleuchtung der Sehleistung diene. Die Lichttechnik hat entdeckt, dass die Beleuchtung das gesamte Leben des Menschen beeinflusse und damit auch seine Sicherheit und Gesundheit. Die Vorstellung ist so neu nicht, aber mancher Held der Geschichte wie Columbus wurde auch als Entdecker gefeiert, dafür dass er nach vielen Tausend Jahren in 1492 ein Land gefunden hat, auf dem ca. 100 Millionen Menschen lebten. Es kommt halt auf das Marketing an. Künftig soll alles so bleiben wie es seit 100 Jahren geregelt wurde. Die Beleuchtung soll zusätzlich der Gesundheit dienen. Und das geschieht bestimmt auf felsenfester Basisi der Wissenschaft.

Schweizer Träume

Hungriger Bär tanzt nicht

Heute bekam ich das Messeheft von Licht 2020 - L + B 2020, Opfer eines Virus, findet zwar nicht statt. Die Druckmaschine konnte wohl nicht gestoppt werden. Der bemerkenswerte Beitrag betrifft nicht LED, Hauptprodukt der Lichttechnik seit 20 Jahren, sondern das Tageslicht. Darin verlangt ein Professor von der Hochschule Luzern, Björn Schrader, das Tageslicht müsse eine Lobby finden.

Schön dass das Tageslicht hier in den Vordergrund geschoben wird. Und vor allem sachlich begründet. Bloß … das Tageslicht kann sich keine Lobby aussuchen. Es müsste vielmehr von einer Lobby gefunden werden. So um das Jahr 1995 war es so weit. Die EU machte ordentlich viel Geld locker, um "Tageslichttechnologien" - was das immer sein mag - zu fördern und zu entwickeln. Das Programm lief unter der Rubrik Energieeffzienz. Es gab viele Forschungsprogramme, Tageslichttechniken wurden klassifiziert, entwickelt, evaluiert. In Kloster Banz gab es ein Symposium "Innovative Lichttechnik in Gebäuden", veranstaltet von OTTI (Ostbayerisches Technologie-Transfer-Institut). Dort wurde viel innovative Tageslichttechnik präsentiert. Und die Mitveranstalter konnten sich sehen lassen: "die lichttechnischen Gesellschaften Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, der Bund Deutscher Architekten (BDA) und die Architektenkammern von Bayern, Baden-Württemberg und Tirol/Vorarlberg, für die fachliche Gesamtleitung zeichnet Prof. Dr.-Ing. Heinrich Kramer verantwortlich." (Ankündigung zu der Tagung in 2004). Mit dem 13. Symposium in 2007 kam das Ende. Zehn weitere Jahre danach war auch OTTI Geschichte. Innovative Lichttechnik findet ohne OTTI statt. Ob sie auch ohne Tageslicht stattfindet, kann ich nicht sagen.

Wohl sagen kann ich, dass die als Innovation verkaufte Energieeffizienz zu Gebäuden fast ohne Tageslicht führt. War zwar nie beabsichtigt. Prof. Schrader führt aber an, dass bestimmte Vorgaben wie "Fensterfläche eines Raumes muss mindestens 10% der Grundfläche entsprechen" (s. deutsche LBO)" nicht die Tageslichtversorgung sicherstellen, weil auch Fenster mit schwarzer Folie (Transmissionsgrad 5%) als solche gelten. Er führt an, dass argumentiert wird, dass niemand auf solche Schnapsideen käme. Dass es dennoch Sonnenschutzgläser mit einem Transmissionsgrad unter 30% eingesetzt würden. Dass die Größe eines Fensters allein eine Versorgung mit Tageslicht sicherstellen kann, kann jeder erleben, der ein Bäumchen vor seinem Haus pflanzt. Dieses, das Bäumchen, lebt vom Tageslicht, und er ist irgend wann kein Bäumchen mehr.

Zuerst zur Schnapsidee: Solche Folien gibt es seit etwa 40 Jahren. Ich sollte sie vor 30 Jahren begutachten. Der Hersteller wollte ein Gutachten auf dem Papier auf der Basis von Labormessungen. Als ich einen echten Raum mit einer solchen Folie sehen wollte, sagte er ab. Die Schnapsidee wurde auch nicht etwa unter dem Einfluss einer Flüssigkeit mit dem Namen erfunden. Zwei Arbeitsmediziner aus Schweden, einer war später der oberste Arbeitschützer von Schweden, fanden 1974, dass Bildschirme schlecht lesbar seien. Das stimmte, sie waren schlecht und unlesbar. Ergo? Man solle die Räume abdunkeln.

Das habe ich tatsächlich in der Praxis untersucht. Siehe da … Menschen mit Arbeitsplätzen an Südfenstern ohne Vorhänge und mit Bildschirmen, die kaum lesbar sind, arbeiten genauso effizient wie andere in wohl geschützten Innenräumen ohne jegliche Blendung. Und – vor Allem – sie fühlen sich wohler.

Das soll nicht etwa Anlass sein, Leute in der Sonne braten zu lassen. Es zeigt lediglich, dass die schlimmsten Bedingungen noch besser sind als die Trennung vom Tageslicht. Was Professor Schrader anführt, ist keine vollständige Trennung, aber fast. Sonnenschutzgläser mit einem Transmissionsgrad unter 30% nehmen ja nicht nur das Licht weg, sondern alles UV und IR.

Wenn einer die beste Schnapsidee sucht, hier ist sie: Energiesparen durch permanente Abdunkelung durch entsprechende Gläser + energiesparende künstliche Beleuchtung mittels LED. Die Therapiekosten wegen mangels gesunder Strahlung nicht eingerechnet. Denn Leute werden davon nicht direkt krank, sondern mittelbar. Das nennt sich Sick Buildings – Gebäude die krank machen.

Dass solche Gebäude äußerst gesund sind, allerdings für Leute, die damit Geld machen, kennt der Professor nicht. Oder ihm sind die nicht eingefallen. Einer dieser Leute gründete einst die Firma Healthy Buildings und machte damit schwer Geld. Vorher musste er aber Angst und Schrecken verbreiten, weltweit. Dazu propagierte er wovor Menschen wie Experten hilflos standen. In manchen Gebäuden fühlen sich Menschen unwohl, krank und müde. Und warum? Die Antwort gab der Chef der Firma selbst. Die unreine Luft. Warum gerade das - in der Kneipe ist die Luft manchmal zum Schneiden. Die Leute fühlen sich trotzdem wohl. Das große Geheimnis: Der Chef war Mikrobiologe und seine Firma verkaufte Luftfilter.

Und was hat das mit Tageslicht zu tun? Erstens, dass sich Leute in Gebäuden unwohl und krank fühlen, hat was mit der circadianen Rhythmik zu tun, bzw. damit, dass Menschen die Wirkung des Tageslichts verwehrt bleibt. Dann kann man in Gebäude Frischluft aus dem Schwarzwald blasen, sie fühlen sich immer noch nicht wohl. Und die Erkenntnis, dass Licht viel mit (Un)Wohlsein zu tun hat, kann zu besseren Gebäuden führen. Immer noch nicht den Bezug zum Tageslicht entdeckt? Da muss man auf den Webseiten von WELL umsehen. Das ist eine Firma, die Zertifikate für "gesunde" Gebäude ausstellt. Sie heißt International WELL Building Institute. Ihr neues Geschäftsfeld ist "Circadian Lighting". (mehr hier). Auf diesem Feld kloppt die sich mit UL (Underwriters Laboratories, eine Prüfgesellschaft für Sicherheit) und IES, die größte lichttechnische Gesellschaft der Welt, natürlich dort wo alles groß ist und noch größer werden muss.

Was muss ein Gebäude nu können, um WELL-mäßig gesund zu sein? Hier die Anforderungen:

Also, es muss 150 EML oder mehr sein. Dann bekommt das Gebäude die Auszeichnung. Was EML sind? Das steht dahinter: 136 melanopic equivalent daylight D65. Und was ist das? Wer das nicht versteht, kann ja die Option nehmen. Das Projekt möge 120 EML mit Kunstlicht erreichen und 2 Punkte für einen verbesserten Zugang zum Tageslicht erhalten. Und was ist das? Egal, man kriegt sowieso nur einen Punkt. Da gucken wir lieber zu der Auszeichnung mit 3 Punkten. Dafür muss es 240 EML geben.

Melanopic equivalent daylight 65 müssen also erbracht werden, damit ein Gebäude ausgezeichnet werden kann. Und wie plant man so ein ausgezeichnetes Gebäude? Das muss man nicht nur dem dümmsten Architekten erklären, sondern allen, die etwas mit Gebäude zu tun haben. Aber Vorsicht, ein Fachseminar zum Thema wie "180 EML oder besser 163?" wird an der Füllung Ihres Geldspeichers kaum was ändern.

Felix Germania! Wir haben in Deutschland ein seit Jahren funktionierendes Auszeichnungssystem (mehr hier), entwickelt vom Bundesbauminister (BNB = Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen). Dort (hier) steht unter "Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit - Visueller Komfort" das:

"Im Rahmen der Bewertungsliste werden die folgenden Teilkriterien beurteilt:
1. Tageslichtverfügbarkeit Gesamtgebäude (quantitativ)
2. Tageslichtverfügbarkeit ständige Arbeitsplätze (quantitativ)
3. Sichtverbindung nach außen (quantitativ)
4. Blendfreiheit Tageslicht (qualitativ)
5. Blendfreiheit Kunstlicht (quantitativ)
6. Lichtverteilung (qualitativ)
7. Farbwiedergabe (quantitativ)"

Und das System kommt ohne (Un)Begriffe wie EML aus, deren Messung eh ein Geheimnis von WELL ist. Darin ist auch eine deutsche Spezialität verarbeitet: Sichtverbindung nach außen. Die hängt zwar mit der Beleuchtung zusammen. Hat aber nichts damit zu tun. Wer eine Lobby für das Tageslicht sucht, sollte das BNB aktiv propagieren. Und das System ist so aufgebaut, dass Architekten es verstehen und nutzen können.

Nach so viel Ernstes etwas zum Erheitern. Der deutsche Normal o kann zwar EML nicht messen, aber den Erfolg seiner Energiesparmaßnahmen, sogar minütlich. Dazu braucht er nur ein Smart-Meter und eine Taschenlampe. Es geht garantiert ohne Tageslicht. Man ersetze den Mann im Video durch die eigene Oma (Opa ist genauso gut). Auch der gesunde Menschenverstand braucht endlich eine Lobby. Sehen Sie selbst.