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Was gestern war, vergiss. Und was muss ich jetzt?
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Eine von mir sehr geschätzte Quelle erzählt uns das über Lichtwirkungen, was links zu sehen ist. "Keine Lichtwirkung" = Licht von oben. "Gute Lichtwirkung" = Licht von vorn. Alles, was von da unten kommt, könnte blenden. Bitte keine Leuchten unterm Auge! (Guter Rat, übrigens.)

Da bei mir der Alzheimer noch nicht allzu stark zugeschlagen hat, erinnere ich mich noch an die Worte eines Lichtguru, der sagte "Alles Gute kommt von oben". Jetzt hat es aber keine Wirkung. Keine Gurus, aber Lichtplaner packen Leuchten und Lampen, die blenden können, weg von der Stelle, die "gute Lichtwirkung" verspricht. Und platzieren dort, wo das Licht nach diesem Bild keine Wirkung haben soll.

Doofe Leute wie ich, die Lichttechnik studiert haben, haben hingegen andere Bilder mit der Muttermilch aufgesogen. Leuchten packst du schön nach oben, damit sie nicht blenden. Fenster kannst du nicht wegpacken, also drehe die Leute so, dass sie nicht da hinein gucken können. Sonst werden sie geblendet. Alle Buchstaben des griechischen Alphabets werden bemüht, um die Winkel zu anzugeben, unter denen Leuchten blenden.

Was müssen wir alles aus der Lichttechnik entsorgen, damit die Beleuchtung der schönen neuen Lichtwelt entspricht? Die Firma, die die Idee mit den super-entblendeten Leuchten hatte - BAP-Beleuchtung - hat sich selbst entsorgt. Wir müssen nur zusehen, was ihre Hinterlassenschaft in der Literatur angeht. Zuerst müssen wir die Zahl 200 entsorgen. Das war die Leuchtdichte, die nie überschritten werden durfte. Sie steht der LED-Beleuchtung im Wege, also weg damit. Die Norm, die sie verherrlichte, DIN 5035-7, ist schon lange entsorgt. Schade um das viele Geld, mit dem die Norm einst hoffähig gemacht wurde. Professoren sind nicht billig. Wir müssen nur noch die Artikel aus der Fachpresse ausfindig machen, die die Norm einst verherrlichten. Und ein Kapitel aus einem Standardwerk zu Beleuchtungstechnik. Verbrennen? Geht schlecht in Deutschland wg. der Geschichte. Aber gegen Kompostieren hat niemand etwas. Da kommt endlich Mist zu Mist!

Was ist jetzt anders geworden? Die Lichtwelt interessiert sich nicht mehr für das Sehen. Blendung war gestern. Heute muss man die Leuchten dorthin packen, wo man sie einst wegnehmen musste. Jetzt sind biologische Wirkungen in. Und die werden maximiert, wenn das Licht ins Auge geht. Früher, lang lang ist's her, wurden Leuchten streng entblendet, damit ja kein Bildschirmbenutzer was ins Auge kriegt. Jetzt veranstalten wir exakt das Gegenteil. Und das ist gesund.

Einst Fortschritt - Jetzt will es keiner gewesen sein
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Man stelle es vor, es gibt Fortschritt. Und dann will es keiner gewesen sein… Heute erlebte ich den Schlussstrich unter eine Geschichte, die 1977, also genau vor 45 Jahren, begonnen hatte. Es ging um Licht und zwar darum, wie man die Beleuchtung von Bildschirmarbeitsplätzen regeln sollte. Ich war damals der Verfasser des Normenentwurfs. Gestern weigerte sich ein Unternehmer, eine Genehmigung zur Wiedergabe eines Fotos zu erteilen, das eine Beleuchtung zeigt von ihm Ende der 1980er Jahre geplant und stolz veröffentlicht in einem edlen Buch. Dabei hatte er just die Norm, die ich begonnen hatte zu schreiben, nach ihrer Perfektionierung perfekt umgesetzt. War da was?

Üblicherweise wurden und werden solche Entwürfe, die Beleuchtung angehen, vom Normenausschuss Lichttechnik bearbeitet. Dieser wurde aber von einem anderen Ausschuss eingebracht und bearbeitet. Wir merkten sofort intuitiv, dass irgendwas nicht stimmte. Später sollte ich noch lernen, was dieses irgendwas war. Meine Entwürfe, die ich abgeschickt hatte, wurden wie von Geisterhand verändert, und zur nächsten Besprechung lag öfter ein mir ziemlich fremder Text vor. Eines schönen Tages erschien dann ein bekannter Professor für Lichttechnik und meinte, den Text würde er gerne redigieren. Ich gab den Job gerne ab, weil mir die Irregularitäten auf den Wecker gefallen waren. Ich hatte sechs weitere Normen zu bearbeiten. Die übrigens ungewöhnlich erfolgreich waren und bis heute ihre Wirkung sogar in der Arbeitsstättenverordnung spürbar zeigen. Nur mit dem Entwurf zur Beleuchtung hatte ich unerklärliche Schwierigkeiten. Warum sich der Professor gerade um die Bearbeitung dieser Norm riss, habe ich später gelernt.

Es dauerte nicht lange - jedenfalls gemessen an der Genesis des Lichts "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" - und schon war sie da, die Norm DIN 66234-7, anno domini 1984. Wie der Name sagt, regelte sie aber nicht die Beleuchtung allein, sondern hieß "Bildschirmarbeitsplätze - Ergonomische Gestaltung des Arbeitsraums - Beleuchtung und Anordnung". Und sie enthielt ein Leckerbissen: das erste neue Gütemerkmal seit 1935! Sie hieß "Vermeidung störender Spiegelungen" und ist bis heute nicht tot zu kriegen.

Der eigentliche Zweck dieser Normen war gewesen, dass man alle negativen Wirkungen des Arbeitsplatzes mit Bildschirm erfasst und, soweit möglich, deren Ursache beseitigt. So wurde z.B. festgestellt, dass die Leute schlecht saßen, weil ihre Tastaturen zu hoch waren und der Beinraum der Tische dem Glück überlassen. Die damalige Norm für Tische kannte nicht einmal Maße für den Beinraum. So hatte z.B. für die damalige Bundesbahn ein Computerhersteller einen Arbeitsplatz ohne Beinraum gebaut. Dort wo Beinräume geregelt waren, z.B. Schreibmaschinentische, konnten nur Gartenzwerge mit dünnen Oberschenkeln drunter sitzen. Denn Schreibmaschinen hatten bedingt durch ihre Funktion hohe Tastaturen. Ergo: Wir sagten der Computerindustrie, sie möge die Tastaturen flach halten. Und der Büromöbelindustrie, es wäre doch sinnvoll, wenn für Beine ein definierter Raum reserviert würde, der jetzt deswegen Beinraum heißt. Kein Problem. Wurde gemacht, bevor die entsprechenden Normen den Entwurfsstadium verließen. Es war ja nicht so, dass Arbeitstische nie Beinräume hätten. Das Problem war, dass dort mal eine Schublade für Bleistifte war und mal ein Drucker. Die Designgenies hatten auch mal dicke Vierkantrohre dort eingebaut, die den Tisch zusammen hielten. Da mussten die Benutzer ihre Beine spreizen.

Bei Licht müsste die Sache noch besser klappen, da ich alle relevanten Leute kannte und mein Professor in der gesamten Industrie wohlgelitten war. Heute weiß ich, warum Gott nach der Schöpfung einen Ruhetag einlegen musste. Zwar musste er nur sprechen "Gott sprach: es werde Licht, und es wurde Licht!" Danach ging es einfach nicht weiter. Die Anwender der Norm stellten fest, dass sie nur winzige Tische aufstellen durften und den größten Teil ihres Büros leer stehen lassen mussten, weil sonst die Beleuchtung nicht funktionieren sollte. Damit man das Entsetzen der Anwender versteht, habe ich aus dem Belegungsschema des Büros aus der Norm die Dinge entfernt, die man dort nicht sieht. Dafür sieht man, was sich Lichttechniker unter einem deutschen Arbeitgeber verstehen: der hat Geld wie Heu und gibt es sinnlos aus.

Zum Verständnis: Die Tastaturen im Bild sind ca 50 cm breit. Daher messen die Tische etwa 80 cm in der Breite. Solche Tische gab es damals für Schreibmaschinen. Die Bildschirmtische maßen eher 160 cm, häufig bis 2 m in der Breite. Kannten die Lichttechniker die nicht? Natürlich kannten sie die. Es passte nur nicht zusammen, das Entspiegeln von Bildschirmen über die Beleuchtung brauchte viel viel Platz. Ein Stückchen von dem Unsinn zeigt das untere Bild. Exakt dieses hatten zwei Professoren der Lichttechnik dem deutschen Computerpionier Wolfgang Giloi empfohlen, der dazu angesetzt hatte, den deutschen Supercomputer SUPRENUM zu bauen. Seine Leute konnten nicht verstehen, warum die erste Hälfte ihrer Räume leer stehen sollte und alle Arbeitsplätze hinter hohen Stellwänden stehen mussten. Hier die Erklärung:Nicht nur Prof. Giloi schüttelte seinen weises Haupt, sondern auch sein Betriebsrat. Der wollte von mir erklärt wissen, warum denn die erste Hälfte eines jeden Büroraums leer stehen sollte und hinter jedem Arbeitsplatz eine hohe Stellwand. Geht es nicht anders? Und ob das geht! War leider sehr teuer. Eine entspiegelte Bildröhre kostete damals volle 10,- DM mehr. Das sind, auf die damals übliche Abschreibungszeit von 8 Jahren bezogen, 10,41 Pf/Monat gewesen. Bei einem Mietzins von 5,-- DM (Dorflage) und 80,-- DM (Frankfurt, Bankengegend) für einen Quadratmeter Büroboden eine wahrlich ernst zu nehmende Größenordnung. Wie viel qm man zum Entspiegeln braucht, kann man sich ausrechnen aus den Maßen des Tisches (800 mm tief). (Den naheliegenden verdacht, dass die Norm aus dem Marketingetat der Immobilienwirtschaft finanziert wurde, weise ich entschieden zurück.)

Man müsste meinen, ein solcher Unfug flöge bereits bei der ersten Anwendung auf. Ist es so? Nö, man setzte mit einer zusätzlichen Norm zum gleichen Thema mit fast dem gleichen Inhalt der Sache die wahre Krone auf. Denn der eigentliche Grund für die Erstellung der ersten Norm, war etwas zu kurz gekommen. Der war damals nämlich in einer Anmerkung versteckt: "Sind hierzu - also zur Vermeidung der Reflexblendung - keine näheren Einzelheiten bekannt, so kommen beispielsweise Leuchte deren mittlere Leuchttdichte oberhalb eines Ausstrahlungswinkels von γ = 50º in den Ebenen C0, C180, C90 und C270 nicht größer als 200 cd/m2 in Betracht." Da man bei der Planung eines Gebäudes nie weiß, wann wo welcher Bildschirm steht, muss man also immer zu dem Beispiel greifen. Nun fehlte nur eine ausdrückliche Empfehlung der so umschriebenen Leuchte. Und diese wurde mit der Norm DIN 5035-7 in 1988 realisiert. Die Norm hat nichts mehr mit der Anordnung zu tun, sondern nur noch mit der Beleuchtung: "Innenraumbeleuchtung mit künstlichem Licht; Beleuchtung von Räumen mit Bildschirmarbeitsplätzen und mit Arbeitsplätzen mit Bildschirmunterstützung". (Dazu gibt es einen eigene Beiträge z.B. insbesondere hier oder hier oder da). Die Anordnung wird in der Norm einfach vorgegeben. Basta! Wo kämen wir denn hin, wenn jeder mit seinem Büro machen wollte, was er will!

Was ist, wenn man die empfohlene Anordnung der Arbeitsplätze nicht einhalten kann? Pech! Dann blendet die Beleuchtung, aber die Schuld trägt der Anwender. Ein Schelm, der behauptet, dass dies das eigentliche Ziel der Geschichte war. Also: Menschen am Bildschirm spüren Augenprobleme. Der Bildschirm soll es nicht gewesen sein. Da haben die Computerhersteller was dagegen. Was kann es sonst gewesen sein? Richtig! Beleuchtung. Also verschreibt man den Leuten eine gesunde Leuchte, mit der sich der Leuchtenhersteller gesund stößt. Und gibt dazu Bedingungen vor, die niemand einhalten kann. Pech gehabt. Also bleibt einem nur die Bildschirmbrille, wenn einem die Augen weh tun. Die Brille bezahlt der Arbeitgeber. Also eine Win-Win-Win-Situation für einen Leuchtenhersteller, der auch ein Computerhersteller war, und auch noch Büros mit Bildschirmen betrieb. Dieser Multi-Hersteller hatte 1977 seinen zwei Obleuten, die die besagten Normen bearbeiteten, die Aufgabe erteilt, den bestmöglichen Gewinn für das Unternehmen zu realisieren. Einer hat sich geweigert, mitzumachen. Der zweite, der Lichttechniker, machte vor, wie man eine nicht-spiegelnde Beleuchtung mit einem riesigen Aufwand in die Praxis bringt statt einfach die Röhren zu entspiegeln. Zudem half die Maßnahme nur gegen künstliches Licht. In den Bildschirmen spiegelten sich nunmehr nur noch die Fenster.

Und die Firma, die mir die Genehmigung der Wiedergabe eines Bildes verweigerte, hatte nichts anderes getan, als eine Beleuchtung nach deren Ideen zu planen. Ich wüßte schon, wozu ich ihr raten würde. Nur ist es zu spät, Wiedergutmachung zu fordern. Ich weiß auch nicht, was deren Kunde gesagt oder gedacht hat. Wer Normen so abfasst, dass der Planer kaum abweichen kann, müsste die Suppe auslöffeln. Auch dazu ist es zu spät (s. Epilog.)

EPILOG: Win-Win-Win ist ausgeträumt. Die Firma stellt keine Computer mehr her. Aus dem Leuchtengeschäft wurde ein Geschäft mit dem Verkauf des Leuchtenherstellers, der gleich drei Mal verkauft wurde. Mitarbeiter hat die Firma noch. Die beschäftigen sich aber mit anderen Geschäften. Nur die Konzepte und manche Zahlen, die sie in die Welt gesetzt haben, findet man noch irgendwo in der europäischen Beleuchtungsnorm EN 12464-1, die gerade veröffentlicht wurde. Ach ja, die war keine Einzelidee. Die Firma setzte noch eine globale Beleuchtungsnorm in die Welt, CIE S 008/ISO 8995-1 von 2001. Jetzt arbeiten interkontinental verteilte Lichtexperten daran, die beiden Normen zusammenzuflicken. Ganz schön nachhaltig die Idee.

Falsche Rechnung wird aus
Bagdad zurückgeschickt.
Türkische Volksweisheit

Ein Déjà-vu der besonderen Art - Wir machen die Natur nach und sind besser
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Bescheidenheit ist eine Zier, kann aber auch Ausdruck menschlicher Größe sein. Leider trifft das meistens nicht zu. Vor drei Jahrzehnten dachte ich, mich laust der Affe, als ein mir sehr gut bekannter Professor in einem Interview wörtlich sagte: "Im Übrigen kann für viele Aktivitäten im Innenraum das Tageslicht nach Quantität und Qualität durch künstliches Licht besser nachgebildet werden." Der Journalist konnte seinen Ohren nicht glauben und fragte nach: "Besser?" Antwort: "Besser nachgebildet". 

Denselben Herrn hatte ich schon vor fünf Jahrzehnten eine ähnliche bedeutsame Aussage treffen hören: “Bei seitlicher Befensterung können gehobene Ansprüche an die Beleuchtung, wie sie in der künstlichen Beleuchtung gestellt werden, nicht befriedigt werden.” Das war im Jahre 1971, und die Veranstaltung hieß “Auge-Licht-Arbeit”. Also? Man pfiff auf die seitliche Befensterung und normte eine Beleuchtung, die nicht nur ohne Tageslicht auskommen würde, sondern tatsächlich "besser" sein wollte - in Quantität und Qualität.

Wir lassen die Quantität lieber beiseite. Wenn einer im Innenraum 100.000 lux erzeugen würde, wie die Sonne an einem schönen Juni Nachmittag, würden selbst die hartnäckigsten Ungeziefer schon die erste Minute nicht überleben. In der Natur geht es viel besser, aber auch nicht gut. Wenn draußen diese Beleuchtungsstärke herrscht, machen weise Menschen Siesta und erzählen "In die Mittagssonne gehen nur Esel und Touristen". Bleiben wir also bei Qualität. Was ist die Lichtqualität? Eine Antwort auf die Frage wurde nach langem Grübeln - etwa 100 Jahre - zum 1.Januar 2021 veröffentlicht: "degree of excellence to which the totality of lighting characteristics fulfils user needs and expectations or other applicable requirements" Übersetzt heißt das: "Grad der Vorzüglichkeit zu welchem die Gesamtheit der Beleuchtungseigenschaften die Bedürfnisse und Erwartungen der Benutzer erfüllt oder andere anwendbare Anforderungen".

Bevor einer Hurra schreit und damit die "Heureka"-Rufe der Lichttechnik zu übertönen sucht, etwas Ernüchterndes. Diese Definition gibt es als Definition der Qualität seit über 40 Jahren - und zwar ohne Wenn und Aber. Aber andere anwendbare Anforderungen kennt die Qualitätswissenschaft nicht. Schlicht gesagt, Qualität ist Eignung für den vorgesehenen Zweck. Man kann z.B. Hämmer für die Reparatur von Schweizer Taschenuhren erstellen oder zum Kloppen von Felsen. Ein vorgegebener Qualitäts-Hammer für den einen Zweck ist völlig ungeeignet für den anderen Zweck. D.h., Qualität ist keine einem Produkt innewohnende Eigenschaft, sondern nur die Erfüllung von Anforderungen. Die lichttechnische Definition besagt, dass die Anforderungen von Bedürfnissen von Benutzern und deren Erwartungen herrühren. Und damit sind wir wieder am Anfang. Welche Bedürfnisse hätten Sie denn?

Eine Antwort auf diese Frage wurde vor fast genau 100 Jahren gesucht und gefunden: Menschen brauchen zum gesunden Leben Licht. Sie leben und arbeiten aber in Innenräumen, und draußen nimmt der Dunst und Smog der Städte ihnen die wichtigsten Strahlen des Sonnenlichts weg. Ergo? Mit Lampen kann man ein Licht erzeugen, dass natürlicher ist als das Licht der Natur. So können Lampen Licht wie "klarstes Wetter", "Mittag", "Hochsommer", "mittlerer Breitengrad" oder "Meereshöhe" für den gesamten Planeten erzeugen. So dachte man anno 1921. (Anm.: Das Bild zur Rechten zeigt nicht etwa ein Schlafcamp für Erdbebengeschädigte, sondern einen Schulraum mit Licht und Luft.)

Gar nicht schlecht die Idee! Das erinnert mich an das Norm-Tageslicht. So stellt die Normlichtart D65 das Tageslicht etwa zur Mittagszeit in Wien dar.  Normlichtart D50 hingegen heißt "Horizontlicht" und will den Sonnenuntergang simulieren. Was D75 will habe ich nicht herausfinden können. Ich schätze mal, das ist die Sonne, die einem auf den Schädel knallt. MIttlerweile gibt es darüber hinaus so viele Normlichtarten, dass man nicht mehr weiß wohin damit: Normlichtart A, B, C, D50, D55, D65, D75, D93, E, F1 bis F12, LED-B1, LED-B2, LED-B3, LED-B4, LED-B5, LED-BH1, LED-RGB1, LED-V1, LED-V2.

Wie man sieht, wurden alte Träume wahr. Aber nicht nur die … Denn vor 100 Jahren ging es um die "Licht und Gesundheit". Man wollte die Sonne Sonne sein lassen und aus ihren Strahlen die gesunden herausfiltern und halt nur diese replizieren. Also Licht für Gesundheit. Da Menschen auch noch Licht für andere, teils extravagante, Zwecke erzeugten, zum Beispiel zum Sehen, kam man auf die Idee, Licht für beides zu machen. So wurde z.B. die S1-Lampe erfunden, deren Glühfaden das Licht für das Sehen erzeugte, während ein Quecksilberkolben das Licht für die Gesundheit produzierte. Dass das gesunde  "Licht" aus dem Quecksilberkolben im wesentlichen aus UV bestand, war nicht etwa das Problem, sondern die ersehnte Lösung.

Alles Geschichte. Heute gibt es integratives Licht, das sowohl das Sehen unterstützen will als auch die Gesundheit. Da es sich als äußerst unpraktisch erwiesen hat, Doppellampen zu produzieren und zu installieren, machen wir es nun mit der Umlenkung des Lichts. Hat man 40 Jahre lang tief strahlende Leuchten gepredigt, damit sich das Licht nicht in den Bildschirmen spiegelt, ist der neue Knaller eine hohe Lichtabstrahlung in horizontaler Richtung. Nennt sich Vertikalbeleuchtungsstärke. Da sich die Lichtqualität zum Sehen nicht ändern soll, muss man einen Weg finden, dass Licht zur Richtungsumkehr zu überreden. Dann fällt es umso stärker auf die Bildschirme. Aber auch das ist kein Problem. Es geht das Gerücht rum, dass Blendung etwas Schönes ist. Wir müssen nur die Bücher korrigieren, die Blendung für ein Problem halten. Ich bin mir sicher, dass wir auch das schaffen. Das zweite Jahrhundert fürs gesunde Licht hat ja gerade begonnen.

Übrigens, die Sache mit der Nachbildung des natürlichen Lichts im Innern der Gebäude war nicht sehr erfolgreich. Jemand ist dahinter gekommen, dass UV nicht nur lebenswichtig ist, sondern auch ganz schön lebensgefährlich. Deswegen gibt es die Lampen mit dualer Funktion nicht mehr. Aber Schutzvorschriften gegen die UV-Strahlung (z.B. diese), weil manche Lampen auch ohne zugeordnete Funktion strahlen.

 

Das Kreuz mit der Angst - Strahlenschutz strahlt selbst
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Vor einigen Jahren regte ich mich über die Umfirmierung von LED von Laser zu Lampe auf. Sie war einst als Laserdiode bekannt. Da ihre Strahlung aber relativ schwach ist, gehörte sie der Laserschutzklasse 1: Sicher durch geringe Strahlung oder Schutzgehäuse. Das Klassifizierungssystem wurde 2001 mit den Normen EN 60825-1 und IEC 60825-1 grundlegend überarbeitet. Dass die Normen die gleiche Nummer tragen, ist keine Überraschung, es kann nicht unterschiedliche "Sicherheiten" geben. Warum wollte man aber die LED, die als Beleuchtung eingesetzt werden, nicht Laser nennen lassen? Das liegt an dem Wort Strahlung, und mit dem habe ich seit 45 Jahren Probleme.

Während das Wort Licht für Positives steht, man denke nur an die christliche Liturgie, die seit 2000 Jahren an der Kerze hängt, steht Strahlung für das Gegenteil. Nicht einmal Leute, die ihre Gesundheit einer Strahlentherapie verdanken, mögen in der Strahlung viel Positives entdecken. Der gesunde Menschenverstand, auf den ich sonst viel gebe, versagt beim Wort Strahlung. Dass das ganze Leben auf der Erde der Strahlung der Sonne zu verdanken ist? Ja, aber …

Ahnungslos, wie ich war, habe ich mich vor 45 Jahren forschend an die "Bildschirmstrahlung" gemacht. Diese entstand durch die Röhren der Bildschirmgeräte, die eben für diesen Zweck gebaut wurden. Deren Bild wird durch Strahlen gezeichnet. Findige Leute haben aber gleich herausgefunden, dass diese Strahlung auch Anteile enthält, die gefährlich sind, Röntgenstrahlung. Eigentlich könnte man bestimmt bei allem, was Licht abgibt, auch etwas Röntgenstrahlung finden - theoretisch zumindest. So beispielsweise auch bei Kathodenstrahlröhren. Die Menge ist aber so gering, dass man sie nur mit vielen Nullen hinterm Komma schreiben kann. Da die vorhandenen Nullen dazu nicht reichen, muss man welche importieren. Den Sachverhalt habe ich in einem Buch sachlich dargelegt. Und dachte, damit wäre alles gesagt.

Denkste. Eine Frau Fisch (Name ist echt) pilgerte durch die Republik und erzählte jedem, dass die Strahlung auch noch giftig sei. Sie würde durch eine Bombardierung von Phosphor mit Elektronen entstehen. Das hätte ich geschrieben. Und Phosphor sei giftig. Die Strahlen würden dann die Brust der Benutzer von Bildschirmen durchlöchern. Bei so viel Unsinn müsste doch jeder vernünftige Mensch aufhören zuzuhören? Meine Schwägerin, eine Physikerin, lachte darüber und sagte, du musst eben keinen Unsinn schreiben. Jeder wisse, dass die Röntgenstrahlen aus dem Bildschirm zu schwach seien, um überhaupt gemessen zu werden. Stimmt! Genau das hatte ich auch beschrieben. Und dann? Eines Tages ruft die Schwägerin an und fragt nach Kopien aus meinem Buch. Wozu? Sie sagte, sie hätte soeben erfahren, dass sie schwanger sei. Sie wolle entscheiden, ob sie weiterhin am Bildschirm arbeiten will.

Wenn es bei der Röntgenstrahlung geblieben wär! Einem renommierten Institut, Karolinska Institutet, bekannt von Verleihungen des Nobel Preises für Medizin, ist das seltene Kunststück gelungen, jegliche Abstrahlung von irgendwelchen Feldern von Bildschirmgeräten unter Strahlung einzureihen. So auch elektrische und magnetische Felder. Damals erzeugten die dummen Geräte solche Felder, wie übrigens alle möglichen elektrischen Geräte. Zwar kümmerte sich niemand um Magnetfelder, die von Schweißgeräten erzeugt werden, aber Felder mit einer Stärke von einem Millionstel eines Schweißgerätes wurden zum Politikum.

Eine Technologie, die noch ihrer Erfindung harrte, der digitale Mobilfunk, der den analogen Funknetzen (1. Generation oder 1G) folgte, wurde ein Opfer der Angst vor Strahlung. Man muss nur "Handystrahlung" in einen Browser tippen, und schon hat man ganze Waggonladungen voll Lesestoff. Dass sich Hinz und Kunz im Internet tummeln, um Gruselgeschichten loszuwerden, lässt sich leider nicht vermeiden. Mein Anlass für diesen Beitrag war aber dies (frisch fotografiert vom Bildschirm am 20. Dezember 2021):Handystrahlung1
Die frohe Kunde verbreitet die Technische Universität Berlin - Stabsstelle Sicherheitstechnische Dienste und Umweltschutz (hier). Also die älteste Technische "Universität" von Deutschland, die ein Heinrich-Hertz-Institut betreibt, benannt nach einem Physiker namens Hertz, nach dem die Frequenz der Strahlung benannt ist. Licht und Gammastrahlung in einem Topf, dazu noch Röntgenstrahlung, alles ionisierende Strahlung? Radargerät, Gammastrahlung, Tumor, Röntgenstrahlung. Alles beisammen, fertig zum Gruseln.

Die Stabsstelle Sicherheitstechnische Dienste und Umweltschutz gibt noch gute Tipps zum Schutze vor der Handystrahlung. Als gesundheitsbewusster Mensch kann man sich auch anders schützen. Gegen die 5G-Strahlung gibt es sogar Produkte, die man sich einfach vor die Brust hängen kann. Sogar Schlafmasken kann man sich kaufen. Was die bringen? Sehen Sie selbst: Die Niederländische Behörde zum Strahlenschutz (Authority for Nuclear Safety and Radiation Protection) hat zehn solcher Produkte verboten und diese einzeln aufgelistet. In dem Screenshot kann man die Namen der verbotenen Produkte sehen. Wer mehr wissen will, kann hier weiterlesen. Manches ist sogar für Kinder bestimmt.

Ich will keineswegs mögliche Gefahren klein reden. Jeder kann sich nach eigener Auffassung schützen. Man sollte nur wissen, dass mancher Schutz schlimmer ist als die Gefahr selbst.

 

Ach wie schön war es ohne LED - Nostalgie zu Weihnachten
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Menschen neigen gen Weihnachten besonders zur Nostalgie. Früher war alles schöner - auch das Licht? Das meine ich, immer wenn ich eine Glühlampe für eine alte Leuchte suche. Dann ein Blick aus dem Fenster zur Weihnachtsdekoration. Auch der eingefleischte Nostalgiker muss zugeben, dass die Weihnachtsdeko seit der Verfügbarkeit der LED jeglichem Vergleich spottet. Ich nehme an, niemand vergleicht das Neue mit dem was er als Kind erlebt hatte.

Wie ist es aber mit der Allgemeinbeleuchtung? Welchen Lampen müssen wir nachweinen? Ein Papier, das ich in den alten Tagungsbänden der LiTG gefunden habe, hat mir jegliche wehmütige Erinnerung madig gemacht. Das Bild stammt aus "Licht '86", eine Tagung in Baden bei Wien. Es zeigt die UV- Entwicklung von damals üblichen und modernen Lampen. (Vorsicht: UV-A wird in %, UV-B in Promille und UV-C in Zehntelpromille abgebildet)

Egal, was man auch tat, wurde eine unerwünschte Strahlung mit erzeugt. Zu erwähnen wäre, dass UV-C hoch gefährlich ist und natürlich nur im Weltraum vorkommt. Auf Erden wird es zum Abtöten von Keimen erzeugt, aber streng abgeschirmt von Lebewesen. Alle Konterbande muss vernichtet werden, so gut es geht. Der Autor schreibt: "Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die ultravioletten Anteile im Grundspektrum der Lampe sind gering. Das primäre Entwicklungsziel sind die Eigenschaften im Sichtbaren. Verbesserungen in diesem Bereich bringen meist zwangsläufig Änderungen im UV mit sich."

Den notwendigen Schutz des Menschen musste das Kolbenglas übernehmen. Aber auch das gelang nicht vollkommen. Etwas UV kam  immer durch:UV in Lampen annotated

Man begnügte sich damals mit der Feststellung, dass photobiologische Schäden nicht zu befürchten seien, weil die Sonne viel mehr UV produziere. Zum Glück der Lampenbauer hatten die Menschen damals mit einer anderen Art von "Strahlung" zu schaffen, die sie fürchteten: Röntgenstrahlung aus Bildschirmen. Sie ließen sich nicht dadurch beschwichtigen, dass man zeigte, dass ein Kasten Bier mehr strahlt als ein Bildschirm. Uns ist damals ein sehr guter Kunde abhanden gekommen, weil wir uns weigerten, über Maßnahmen für Schwangere am Bildschirm zu diskutieren. Aber sogar 10 Jahre danach, also in 1996, mussten wir für eine große Firma "strahlungsarme" Bildschirme aussuchen. Diese liefen im Betrieb rosa an, weil die Stromleitungen in die Bildschirme strahlten. Das hatten die Leute 25 Jahre lang nicht bemerkt. Es fiel erst auf, als empfindliche Bildschirme aufgestellt wurden.

Bei der LED-Beleuchtung wird man derlei nicht erleben. Die Lichterzeugung bei den LEDs lässt sich sehr genau steuern bzw. vorbestimmen.