Posts Tagged: Arbeitsstättenverordnung

Paar Zahlen zur Ernüchterung

17.03.2024
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Den Leitfaden zu DIN EN 12464-1 habe ich aus verschiedener Sicht kommentiert. Hier eine ernste Sicht, die wenig mit den Zahlen zu Beleuchtungsstärken zu tun hat. Mich hat zum Denken gebracht, warum der Autor ziemlich zu Beginn angibt "Damit ist zugleich der Umfang des Dokuments gewachsen: von 55 auf stolze 128 Seiten." Mir klingt noch in den Ohren, was ich zu meiner Feierlichen Immatrikulation an der TU Berlin im Oktober 1963 vom Rektor der Uni gehört hatte: Eine Doktorarbeit kann auch eine halbe Seite lang sein. Später schrieb ich selbst Normen. Über diese - und ähnliche - schimpften die anderen Länder, sie seien zu ausführlich und allzu präzise. Will sagen, deutsche Normen enthalten zu viele Informationen, die man sich ersparen könne. So wurden die Normen, für die ich zu einem erheblichen Teil verantwortlich war, die Reihe DIN 66234 zur Ergonomie der Bildschirme und der Arbeit damit, durch ein ISO-Gremium neu aufgelegt. Nichts gegen eine Verbesserung. An der arbeite ich noch heute.

Während unser gesamtes Werk zum Thema 8 Normen mit etwa 50 Seiten umfasste, sind bei der ISO mittlerweile 84 Normen entstanden, dazu gibt es noch bei der IEC etwa gleich viele. Ein erheblicher Teil dieser Werke ist länger als 50 Seiten. Den Gesamtumfang traut sich keiner anzugeben. Was sind dagegen 128 Seiten?
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Die 128 Seiten der Norm DIN EN 12464-1 sind leider nicht alles, was man zu ihrer Anwendung braucht. Man muss, um die gebrauchten Begriffe zu verstehen, auch DIN EN 12665 "Licht und Beleuchtung - Grundlegende Begriffe und Kriterien für die Festlegung von Anforderungen an die Beleuchtung" (derzeitiger Entwurf von 2022 mit 76 Seiten) immer parat haben. Dieser europäische Katalog an Begriffen bildet die Grundlage zum Verstehen der Sachverhalte. Leider ist sie nicht die alleinige Begriffssammlung, die man berücksichtigen muss. Denn es gibt noch eine viel ältere Sammlung an Definitionen, das Internationale Wörterbuch der Lichttechnik der CIE. Wie viele Seiten die umfasst, ist mir nicht mehr zugänglich, weil die gedruckte Version nur wenigen Eingeweihten - vermutlich - vorliegt. Man kann im Internet einzelne Begriffe aufrufen. Diese Sammlung, einst die einzige autorisierte Fassung von Begriffen, musste aber auf Geheiß der IEC vollkommen renoviert werden, weil sie zwar Teil von electropedia ist, aber sich wohl zu weit davon entfernt hatte.
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War's das? Immer noch nicht. Der Lichtplaner muss noch was über Blendung wissen. Denn der Leitfaden sagt: "Eine gute Beleuchtung lässt sich nicht auf die zwei Kennwerte reduzieren. 500 Lux und UGR 19 (RUGL ) allein können nicht die Standardlösung sein." Können sie auch nicht. Man muss wissen, was Blendung ist, und vor allem, was sie nicht ist. Dazu muss der Planer auch eine recht dicke Broschüre zum UGR-Verfahren lesen (hier). Die ist ein Positionspapier, das erst drei Jahre alt ist. Daher gibt es auch Gegenpositionen. Dem Auftraggeber für eine Beleuchtung sind beide schnuppe. Der will eine Beleuchtung bekommen, und zwar nach dem Stand der Technik. -

Wenn der Auftraggeber dieses Positionspapier lesen könnte, würde er sich erschrecken, wo die Blendungsmethode überall nicht gilt. So soll sie nicht auf Indirektbeleuchtung anwendbar sein. Auf großflächige Leuchten auch nicht. Lassen wir die Theorie außen vor und gucken uns lieber die Praxis an. Die Blendung ist nachweislich als eine Beeinträchtigung des Benutzers anzusehen. Denn genau unter diesem Gesichtspunkt wurde sie untersucht. DIN EN 12464-1 darf aber nur Aspekte behandeln, wie das nationale Vorwort angibt: "Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), konkretisiert durch die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.4 „Beleuchtung und Sichtverbindung nach Außen“, gibt in Deutschland Hinweise zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz. … ". Also darf sie Blendung erklären, die einzelnen Werte wie RUGL anführen, aber keinen Grenzwert festlegen. Dummerweise steht in ASR A3.4 zwar was über Blendungsbegrenzung, aber nichts zu UGR. Planen nach ASR A3.4 geht auch ziemlich schlecht.
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Genau solche Fakten waren der Grund dafür, dass ein älterer Beitrag in diesem Blog heißt: Der Lichtplaner - Der Herkules unter Dienstleistern. Dieser ist der Verantwortliche an der Erstellung einer Beleuchtungsanlage und der eigentliche Produzent. Was tun wir, damit der Lichtplaner der Herkulesaufgabe genügen kann? Es gibt nicht einmal ein Berufsbild namens Lichtplaner. Wie weit es mit der Honorarordnung gekommen ist, weiß ich leider nicht. Ganz so weit kann es nicht gekommen sein.

Für Leute, die sich gerne mit Quiz beschäftigen, hier eine kleine Sammlung an Pretiosen aus DIN EN 12464-1 zu beantworten, ohne irgendwo nachzuschlagen.

Wer Weiß Denn Sowas-

Lichtforum 60 zu DIN EN 12464-1 erschienen

16.03.2024
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Die Bilder oben zeigen alle Menschen, die sehr glücklich sind mit dem Licht. Der Leitfaden zu 12464-1 endet mit 4 Seiten Comic strips, die lachende Gesichter wie zufriedene Kunden zeigen. Ich wäre auch glücklich, hätte die Norm die Sachverhalte, die ich hinter die Bilder gepackt habe, vernünftig behandelt:

  • Kriterien zu Bildschirmarbeit unter 5.9: Der angegebene Inhalt ist ein Armutszeugnis. Der Lichtplaner wird nur wenig von dem gebrauchen können, was da steht. Das Wichtigste besteht aus einem Verweis auf eine Norm der ISO, die nicht anwendbar ist. Wer bestimmte Arbeitsplätze nach DIN EN 12464-1 beleuchtet (so. z.B. CAD-Arbeitsplätze oder Retusche) sollte sich in dem Betrieb danach besser nicht sehen lassen. Die Struktur der Norm ist grundlegend falsch. Sie legt 9 verschiedene Anforderungen für Hunderte von Arbeitsplatztypen fest und verweist für den Fall, dass dort Bildschirme benutzt werden, auf ISO 9241-307. Dort kann man nichts finden, was der Planung dient. Richtig wäre, dem Beispiel des Gesetzgebers zu folgen, der vor 10 Jahren schon die Bildschirmarbeitsverordnung abgeschafft hat, weil es kaum Arbeitsbereiche ohne Bildschirme gibt. Ergo gilt die Arbeitsstättenverordnung für alle.
  • Nichtvisuelle Lichtwirkungen: Diese werden genannt und etwas erläutert. Was man damit warum machen soll, steht in den Wolken. Bei mir steht unter Abschnitt 5.6 nur "Variabilität des Lichts". Ansonsten werden die gemeinten Lichtwirkungen in einem Anhang erläutert. Es gibt weder eine Empfehlung noch eine Anforderung dazu.
  • Human Centric Lighting: Auf meinem Computer finde ich kein Dokument, das EN 12464 und HCL verknüpft außer diesem Leitfaden. Seit dieser Begriff erfunden wurde, ist viel Wasser den Rhein runter geflossen. Man hat HCL mit integrative lighting übersetzt und dazu ein ISo-Dokument fabriziert. Deutsche Planer haben zu dem Thema eher den Begriff integrative Lichtplanung ins Ohr geflüstert bekommen, was auf eine integrierte Betrachtung von Tageslicht und Kunstlicht hinausläuft. Das macht Sinn.
  • Modifikatoren: Die im ersten Bild so locker genannten Modifikatoren sind Multiplikatoren für die Beleuchtungsstärke. Nach diesem Konzept sollen die vorgegebenen Wartungswerte für Arbeitsplätze um eine oder zwei Stufen erhöht werden, wenn ein sog. Kontext-Modifikator (oder kontextabhängiger Modifikator) vorhanden ist, z.B. wenn Fehler schwer korrigierbar sind. Die Idee ist so gut, dass sie schon in den 1930er Jahren angewendet wurde. In der Normung stand sie in ISO 8995 "Grundlagen der visuellen Ergonomie; Die Beleuchtung von Arbeitssystemen in Innenräumen" als Grundlage. Sie wurde in Deutschland nie anerkannt und auf Betreiben der deutschen Lichttechnik im Jahr 2001 aus ISO 8995-1 gestrichen. Jetzt haben wir sie wieder mit einem bombastischen Namen: Kontext-Modifikator. Früher hieß es, man müsse abschätzen, ob die Sehaufgabe leicht - mittel - oder schwer sei. Danach gab es drei Stufen der empfohlenen Beleuchtungsstärke. Was ist der Unterschied außer dem Namen? Der Kontext-Modifikator von DIN EN 12464-1 modifiziert die Anforderung zur Beleuchtungsstärke. In ISO 8995 galten für jede Stufe andere Blendungsmerkmale.  Ein echter  Unterschied.

Hurra - Wir sind seit heute so weit wie  1975 - Freie Sicht für freie Bürger
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15.12.2022

Heute bekam ich die Meldung, dass die ASR A3.4 Beleuchtung endlich der Arbeitsstättenverordnung angepaßt wird. Es wird drin stehen, dass
"(1) Der Arbeitgeber darf als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben."

Das ist zwar schon seit 2016 Gesetz, aber jemand blockierte die Berücksichtigung des Gesetzes in den Technischen Regeln für den Arbeitsschutz. Wer könnte das gewesen sein? Wer die üblichen Verdächtigen im Sinn  hat, liegt goldrichtig. Die Vorschrift war bereits 1975 in die ArbStättV eingeführt worden. Und sah so aus:

Unter Beleuchtung führte der Staat als erstes die Verbindung zum hellen Tag an! Und setzte weltweit Maßstäbe für den Bau von Arbeitsstätten!

Im Jahr 2004 hatten zwei mittlerweile ausrangierte Politiker - Wolfgang Clement von der SPD und Ede Stoiber von der CSU - übereingekommen, dass dies zu viel des Guten war. Sie haben damals auch diesen Punkt "dereguliert". Will sagen, alles aus dem Gesetz entfernt, was den Arbeitgeber zu Maßnahmen zwingen könnte. So auch die Sichtverbindung. Stattdessen stand dort, "die Arbeitsplätze müssen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten …

Die Sichtverbindung wurde wohl als Reminiszenz nur noch in die Überschrift eingetragen. Es könnte auch sein, dass ein Beamter der Ministern auf die Sprünge helfen wollte. Wie dem auch sei, deutsche Arbeitsräume mussten nicht mehr eine Ausblick nach außen erlauben. Wozu auch? Wer arbeitet, hat keine Zeit, die er zum Fenster hinaus werfen darf. Diese Formulierung ist rechtlich unbestimmt und in sich widersprüchlich. Es wird einerseits „müssen“ als Pflicht und andererseits „möglichst ausreichend“ als unverbindliche Empfehlung in der Praxis ausgelegt. Was denn Nu? Was ist, wenn man nicht kann, was man muss? 

Indes nicht nur die deutschen Arbeitnehmer sondern auch die Arbeitsschützer waren anderer Meinung als die beiden Politiker, denn die Rechtsprechung hatte präzise ausgesagt, wozu denn diese Vorschrift dient: "In Verbindung mit einer ungehinderten Sichtverbindung nach außen wirkt sich das Tageslicht positiv auf die physische Gesundheit (zum Beispiel Hormonhaushalt) sowie auf die psychische Gesundheit (zum Beispiel Motivation, Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit) der Beschäftigten bei der Arbeit aus." und "Natürliches Licht am Arbeitsplatz und die Sichtverbindung ins Freie sind unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden psychischen Belastungen, zum Beispiel zur Vermeidung von „Klausureffekten“, für Beschäftigte in Arbeits- und Aufenthaltsräumen notwendig. Zu diesem Ergebnis kommt auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zum Thema Sichtverbindung nach außen aus dem Jahr 1997." So der Bundesarbeitsminister in der Begründung der Änderung der ArbStättV.

Diese Änderung hatte ganze zwei Jahre auf sich warten lassen, weil der Arbeitgeberpräsident im Jahr 2014 die vom Gesetzgeber verabschiedeten Fassung der ArbStättV hat vom Bundeskanzleramt kassieren lassen. Der meinte, Toiletten wären auch Sanitätsräume und die bräuchten keine Sichtverbindung nach außen. Sonst hätten die da Draußen eine Sichtverbindung nach drinnen. Und das ist wahrlich unerwünscht, wg. Datenschutz und so. Dass die Vorschrift schon 1975 bestand und bis 2014 keine einzige Betriebstoilette eine klare Sichtverbindung von außen nach innen hatte … geschenkt.

Der Änderung der ASR A3.4 sollte ein ähnliches Schicksal noch bevorstehen. Die Arbeitgeber haben das fertige Papier einfach für ungültig erklärt. Dass ihre Vertreter dem zugestimmt hatten … Dann eben weg mit den Vertretern! Nach etwa drei Jahren geschah ein Wunder. Ansonsten wäre es lustig geworden, wenn ein Arbeitnehmer geklagt hätte. Denn unabhängig von der juristischen Lage hätte sich jeder Richter z.B. an das einschlägige Urteil vom Bundesverwaltungsgericht gehalten.

Einst Fortschritt - Jetzt will es keiner gewesen sein
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Man stelle es vor, es gibt Fortschritt. Und dann will es keiner gewesen sein… Heute erlebte ich den Schlussstrich unter eine Geschichte, die 1977, also genau vor 45 Jahren, begonnen hatte. Es ging um Licht und zwar darum, wie man die Beleuchtung von Bildschirmarbeitsplätzen regeln sollte. Ich war damals der Verfasser des Normenentwurfs. Gestern weigerte sich ein Unternehmer, eine Genehmigung zur Wiedergabe eines Fotos zu erteilen, das eine Beleuchtung zeigt von ihm Ende der 1980er Jahre geplant und stolz veröffentlicht in einem edlen Buch. Dabei hatte er just die Norm, die ich begonnen hatte zu schreiben, nach ihrer Perfektionierung perfekt umgesetzt. War da was?

Üblicherweise wurden und werden solche Entwürfe, die Beleuchtung angehen, vom Normenausschuss Lichttechnik bearbeitet. Dieser wurde aber von einem anderen Ausschuss eingebracht und bearbeitet. Wir merkten sofort intuitiv, dass irgendwas nicht stimmte. Später sollte ich noch lernen, was dieses irgendwas war. Meine Entwürfe, die ich abgeschickt hatte, wurden wie von Geisterhand verändert, und zur nächsten Besprechung lag öfter ein mir ziemlich fremder Text vor. Eines schönen Tages erschien dann ein bekannter Professor für Lichttechnik und meinte, den Text würde er gerne redigieren. Ich gab den Job gerne ab, weil mir die Irregularitäten auf den Wecker gefallen waren. Ich hatte sechs weitere Normen zu bearbeiten. Die übrigens ungewöhnlich erfolgreich waren und bis heute ihre Wirkung sogar in der Arbeitsstättenverordnung spürbar zeigen. Nur mit dem Entwurf zur Beleuchtung hatte ich unerklärliche Schwierigkeiten. Warum sich der Professor gerade um die Bearbeitung dieser Norm riss, habe ich später gelernt.

Es dauerte nicht lange - jedenfalls gemessen an der Genesis des Lichts "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" - und schon war sie da, die Norm DIN 66234-7, anno domini 1984. Wie der Name sagt, regelte sie aber nicht die Beleuchtung allein, sondern hieß "Bildschirmarbeitsplätze - Ergonomische Gestaltung des Arbeitsraums - Beleuchtung und Anordnung". Und sie enthielt ein Leckerbissen: das erste neue Gütemerkmal seit 1935! Sie hieß "Vermeidung störender Spiegelungen" und ist bis heute nicht tot zu kriegen.

Der eigentliche Zweck dieser Normen war gewesen, dass man alle negativen Wirkungen des Arbeitsplatzes mit Bildschirm erfasst und, soweit möglich, deren Ursache beseitigt. So wurde z.B. festgestellt, dass die Leute schlecht saßen, weil ihre Tastaturen zu hoch waren und der Beinraum der Tische dem Glück überlassen. Die damalige Norm für Tische kannte nicht einmal Maße für den Beinraum. So hatte z.B. für die damalige Bundesbahn ein Computerhersteller einen Arbeitsplatz ohne Beinraum gebaut. Dort wo Beinräume geregelt waren, z.B. Schreibmaschinentische, konnten nur Gartenzwerge mit dünnen Oberschenkeln drunter sitzen. Denn Schreibmaschinen hatten bedingt durch ihre Funktion hohe Tastaturen. Ergo: Wir sagten der Computerindustrie, sie möge die Tastaturen flach halten. Und der Büromöbelindustrie, es wäre doch sinnvoll, wenn für Beine ein definierter Raum reserviert würde, der jetzt deswegen Beinraum heißt. Kein Problem. Wurde gemacht, bevor die entsprechenden Normen den Entwurfsstadium verließen. Es war ja nicht so, dass Arbeitstische nie Beinräume hätten. Das Problem war, dass dort mal eine Schublade für Bleistifte war und mal ein Drucker. Die Designgenies hatten auch mal dicke Vierkantrohre dort eingebaut, die den Tisch zusammen hielten. Da mussten die Benutzer ihre Beine spreizen.

Bei Licht müsste die Sache noch besser klappen, da ich alle relevanten Leute kannte und mein Professor in der gesamten Industrie wohlgelitten war. Heute weiß ich, warum Gott nach der Schöpfung einen Ruhetag einlegen musste. Zwar musste er nur sprechen "Gott sprach: es werde Licht, und es wurde Licht!" Danach ging es einfach nicht weiter. Die Anwender der Norm stellten fest, dass sie nur winzige Tische aufstellen durften und den größten Teil ihres Büros leer stehen lassen mussten, weil sonst die Beleuchtung nicht funktionieren sollte. Damit man das Entsetzen der Anwender versteht, habe ich aus dem Belegungsschema des Büros aus der Norm die Dinge entfernt, die man dort nicht sieht. Dafür sieht man, was sich Lichttechniker unter einem deutschen Arbeitgeber verstehen: der hat Geld wie Heu und gibt es sinnlos aus.

Zum Verständnis: Die Tastaturen im Bild sind ca 50 cm breit. Daher messen die Tische etwa 80 cm in der Breite. Solche Tische gab es damals für Schreibmaschinen. Die Bildschirmtische maßen eher 160 cm, häufig bis 2 m in der Breite. Kannten die Lichttechniker die nicht? Natürlich kannten sie die. Es passte nur nicht zusammen, das Entspiegeln von Bildschirmen über die Beleuchtung brauchte viel viel Platz. Ein Stückchen von dem Unsinn zeigt das untere Bild. Exakt dieses hatten zwei Professoren der Lichttechnik dem deutschen Computerpionier Wolfgang Giloi empfohlen, der dazu angesetzt hatte, den deutschen Supercomputer SUPRENUM zu bauen. Seine Leute konnten nicht verstehen, warum die erste Hälfte ihrer Räume leer stehen sollte und alle Arbeitsplätze hinter hohen Stellwänden stehen mussten. Hier die Erklärung:Nicht nur Prof. Giloi schüttelte seinen weises Haupt, sondern auch sein Betriebsrat. Der wollte von mir erklärt wissen, warum denn die erste Hälfte eines jeden Büroraums leer stehen sollte und hinter jedem Arbeitsplatz eine hohe Stellwand. Geht es nicht anders? Und ob das geht! War leider sehr teuer. Eine entspiegelte Bildröhre kostete damals volle 10,- DM mehr. Das sind, auf die damals übliche Abschreibungszeit von 8 Jahren bezogen, 10,41 Pf/Monat gewesen. Bei einem Mietzins von 5,-- DM (Dorflage) und 80,-- DM (Frankfurt, Bankengegend) für einen Quadratmeter Büroboden eine wahrlich ernst zu nehmende Größenordnung. Wie viel qm man zum Entspiegeln braucht, kann man sich ausrechnen aus den Maßen des Tisches (800 mm tief). (Den naheliegenden verdacht, dass die Norm aus dem Marketingetat der Immobilienwirtschaft finanziert wurde, weise ich entschieden zurück.)

Man müsste meinen, ein solcher Unfug flöge bereits bei der ersten Anwendung auf. Ist es so? Nö, man setzte mit einer zusätzlichen Norm zum gleichen Thema mit fast dem gleichen Inhalt der Sache die wahre Krone auf. Denn der eigentliche Grund für die Erstellung der ersten Norm, war etwas zu kurz gekommen. Der war damals nämlich in einer Anmerkung versteckt: "Sind hierzu - also zur Vermeidung der Reflexblendung - keine näheren Einzelheiten bekannt, so kommen beispielsweise Leuchte deren mittlere Leuchttdichte oberhalb eines Ausstrahlungswinkels von γ = 50º in den Ebenen C0, C180, C90 und C270 nicht größer als 200 cd/m2 in Betracht." Da man bei der Planung eines Gebäudes nie weiß, wann wo welcher Bildschirm steht, muss man also immer zu dem Beispiel greifen. Nun fehlte nur eine ausdrückliche Empfehlung der so umschriebenen Leuchte. Und diese wurde mit der Norm DIN 5035-7 in 1988 realisiert. Die Norm hat nichts mehr mit der Anordnung zu tun, sondern nur noch mit der Beleuchtung: "Innenraumbeleuchtung mit künstlichem Licht; Beleuchtung von Räumen mit Bildschirmarbeitsplätzen und mit Arbeitsplätzen mit Bildschirmunterstützung". (Dazu gibt es einen eigene Beiträge z.B. insbesondere hier oder hier oder da). Die Anordnung wird in der Norm einfach vorgegeben. Basta! Wo kämen wir denn hin, wenn jeder mit seinem Büro machen wollte, was er will!

Was ist, wenn man die empfohlene Anordnung der Arbeitsplätze nicht einhalten kann? Pech! Dann blendet die Beleuchtung, aber die Schuld trägt der Anwender. Ein Schelm, der behauptet, dass dies das eigentliche Ziel der Geschichte war. Also: Menschen am Bildschirm spüren Augenprobleme. Der Bildschirm soll es nicht gewesen sein. Da haben die Computerhersteller was dagegen. Was kann es sonst gewesen sein? Richtig! Beleuchtung. Also verschreibt man den Leuten eine gesunde Leuchte, mit der sich der Leuchtenhersteller gesund stößt. Und gibt dazu Bedingungen vor, die niemand einhalten kann. Pech gehabt. Also bleibt einem nur die Bildschirmbrille, wenn einem die Augen weh tun. Die Brille bezahlt der Arbeitgeber. Also eine Win-Win-Win-Situation für einen Leuchtenhersteller, der auch ein Computerhersteller war, und auch noch Büros mit Bildschirmen betrieb. Dieser Multi-Hersteller hatte 1977 seinen zwei Obleuten, die die besagten Normen bearbeiteten, die Aufgabe erteilt, den bestmöglichen Gewinn für das Unternehmen zu realisieren. Einer hat sich geweigert, mitzumachen. Der zweite, der Lichttechniker, machte vor, wie man eine nicht-spiegelnde Beleuchtung mit einem riesigen Aufwand in die Praxis bringt statt einfach die Röhren zu entspiegeln. Zudem half die Maßnahme nur gegen künstliches Licht. In den Bildschirmen spiegelten sich nunmehr nur noch die Fenster.

Und die Firma, die mir die Genehmigung der Wiedergabe eines Bildes verweigerte, hatte nichts anderes getan, als eine Beleuchtung nach deren Ideen zu planen. Ich wüßte schon, wozu ich ihr raten würde. Nur ist es zu spät, Wiedergutmachung zu fordern. Ich weiß auch nicht, was deren Kunde gesagt oder gedacht hat. Wer Normen so abfasst, dass der Planer kaum abweichen kann, müsste die Suppe auslöffeln. Auch dazu ist es zu spät (s. Epilog.)

EPILOG: Win-Win-Win ist ausgeträumt. Die Firma stellt keine Computer mehr her. Aus dem Leuchtengeschäft wurde ein Geschäft mit dem Verkauf des Leuchtenherstellers, der gleich drei Mal verkauft wurde. Mitarbeiter hat die Firma noch. Die beschäftigen sich aber mit anderen Geschäften. Nur die Konzepte und manche Zahlen, die sie in die Welt gesetzt haben, findet man noch irgendwo in der europäischen Beleuchtungsnorm EN 12464-1, die gerade veröffentlicht wurde. Ach ja, die war keine Einzelidee. Die Firma setzte noch eine globale Beleuchtungsnorm in die Welt, CIE S 008/ISO 8995-1 von 2001. Jetzt arbeiten interkontinental verteilte Lichtexperten daran, die beiden Normen zusammenzuflicken. Ganz schön nachhaltig die Idee.

Falsche Rechnung wird aus
Bagdad zurückgeschickt.
Türkische Volksweisheit

Nicht-visuelle Wirkungen von Licht - Heißt das unsichtbar, die Wirkungen?
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Bei dem Thema "Licht und Gesundheit" fällt mir fast immer eine Phrase ein "Grandios vergeigt!". Gestern war es wieder so weit. Ein Kollege schickte mir einen Normenentwurf, den ich gefühlt Jahrzehnte kenne. In echt ist er nur drei Jahre alt - und schon wieder veraltet. Denn die darin zu lesende Message hatte mir mein Professor mitgeteilt - so etwa 1968. Später habe ich sie meinen Studenten weiter gegeben. Ich hoffe, die haben sie auch weiter gegeben. Bei meinem Professor ist es allerdings nicht bei Worten geblieben. Heute beruft sich der ASTA, Ausschuss für Arbeitsstätten, auf eine gesetzliche Bestimmung, die er bewirkt hat, wenn es um nicht-visuelle Wirkungen von Licht geht. 63 Jahre frisch geblieben und immer noch besser als das, was man heute mit großem Aufwand als eine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis von Weltrang etablieren will. Uffff!

Es geht um die Erkenntnis, dass Licht nicht nur zum Sehen da ist. Es soll psychologische und physiologische Wirkungen haben. Der Laie hat keine Probleme damit. Das kennt er. Das Problem sind die Fachleute. Die haben vor rund 100 Jahren bestimmt, dass Licht zum Sehen diene und beschlossen, alle seine diesbezüglich relevanten Eigenschaften zu beschrieben und zu normen. Protest gab es von Leuten, die behaupteten, das Licht diene auch der Gesundheit. Und Gesundheit sei auch eine psychologische Wirkung - man freue sich am Gesehenen. Ob man glaubt oder nicht - das Licht war ein hohes Politikum. Noch unglaublicher ist das: Der deutsche Staat gründete im Jahr 1934 das "Amt für die Schönheit der Arbeit" mit der größten Abteilung "Gutes Licht".
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Der Staat ließ es nicht dabei bewenden. Er ließ schöne Filme drehen, um gutes Licht zu fördern. Eine DIN-Norm musste her (DIN 5035 vom Jahre 1935). Dabei entstand ein klitzekleiner Fehler, den man heute mit Kräften versucht, rückgängig zu machen. Es wurden zwei Normen für Licht erstellt. Eine für die künstliche Beleuchtung (wie gesagt, DIN 5035) und eine für die natürliche, DIN 5034. Irgendwie musste sich das Licht in den Arbeitsräumen mischen. Da verließ man sich auf die Natur. Niemand kann verhindern, dass sich das elektrische Licht mit dem Sonnenlicht mischt. Leider verstand das mancher "Fachmann" als Zwielicht. Anfang der 1970er Jahre sollte es verschwinden. Die Lichttechnische Gesellschaft diskutierte auf einer Sondertagung 1971 "Auge - Licht - Arbeit" fensterlose Arbeitsräume. Und die erste Ausgabe von DIN 5035, die Abschied vom Tageslicht bedeutete, entstand 1972. Die Zukunft sollte dem Großraumbüro gehören, das den Tag nur aus der Ferne ahnen ließ wie die großen Fabrikhallen auch. Ansonsten hieß es nach den Worten des großen Vorsitzenden des Ausschusses Innenraumbeleuchtung "Bei seitlicher Befensterung können gehobene Ansprüche an die Beleuchtung, wie sie in der künstlichen Beleuchtung gestellt werden, nicht befriedigt werden." Will sagen, nur die künstliche Beleuchtung reicht qualitativ für den Menschen aus. Da Fenster definitionsgemäß seitlich angeordnet sind - sonst hießen sie Oberlichter - können sie gehobenen Ansprüchen nicht genügen. Wer die Ansprüche stellt, ist übrigens ein großes Geheimnis. Die Benutzer sind es nicht. Die lieben die Fenster.

Ungeachtet all des fachmännischen Rats erschien 1975 in der ersten Arbeitsstättenverordnung der Bundesrepublik Deutschland unter Beleuchtung eine Vorschrift, die kein Lichttechniker so gewollt hätte, außer zwei. Der eine war mein Chef, und der andere war ein Kollege. Die beiden haben es geschafft, diese Vorschrift in die Welt zu setzen.

Das war übrigens der Aufhänger, mit dem der Arbeitgeberpräsident im Jahr 2014 die vom Gesetzgeber verabschiedeten Fassung der ArbStättV hat vom Bundeskanzleramt kassieren lassen. Der meinte, Toiletten wären auch Sanitätsräume und die bräuchten keine Sichtverbindung nach außen. Sonst hätten die da Draußen eine Sichtverbindung nach drinnen. Und das ist wahrlich unerwünscht, wg. Datenschutz und so.

Auch mancher Arbeitgeber war nicht allzu glücklich damit und nutzte ein Schlupfloch. Arbeitsräume mit einer Grundfläche von mindestens 2000 m2 mit Oberlichtern waren ausgenommen. So hat z.B. Heinz Nixdorf seine Arbeitsstätten sehr "flexibel" gestaltet. Die hatten mindestens 2001 m2. Somit brauchten sie keine Sichtverbindung. Sie hätten allerdings eine lichte Höhe von mindestens 3,25 m aufweisen müssen. Kein Problem für den findigen Unternehmer. Wenn sich die Gewerbeaufsicht meldete, wurden die Räume schwuppdiwupp unterteilt. Die Aufsichtsbeamten hatten bei diesem Besuch nur die Raumhöhe betrachten dürfen. Die Sichtverbindung nicht.

Der größte Teil der Arbeitgeber war allerdings nicht so findig und hielt sich brav an die Vorschrift. Aber niemand konnte verstehen, was diese Vorschrift unter "Beleuchtung" zu suchen hatte. Musste auch nicht. Die Vorschrift war unter Mitwirkung einer Psychologin erarbeitet worden und betraf nur die Psychologie. Die Beleuchtungswirkung ist reine Konterbande. Worauf basierte die Forschung und warum haben zwei Lichttechniker eine Vorschrift zur Psychologie erarbeitet? Den Grund sieht man hier. Er stammt aus der Broschüre "Ein kleines Kapitel praktischer Lichttechnik" von 1970. Allerdings war dies schon die 18. Auflage.

Die erste Chance, in die Fußstapfen der anscheinend erfolgreichen Forscher aus den 1960er und 1970er Jahren zu treten, entstand als unser Institut den Forschungsbericht "Licht und Gesundheit" veröffentlichte. Das war 1990. Darin wurde abgeleitet, welche Art der Beleuchtung die beste Akzeptanz fand und vor allem warum. Wir haben in den folgenden Jahren dann diese Beleuchtung optimiert, an ca. 1500 Arbeitsplätzen installiert und die (positive) Wirkung dokumentiert. Nur die lichttechnische Industrie konnte damit nicht warm werden, denn die Hauptaussage des Forschungsberichts war, dass die Mehrzahl der Probanden die Beleuchtung als eine Störung ihrer Gesundheit erlebte. Dass es aber auch Beleuchtungen gab, die von fast allen akzeptiert wurden und sich positiv auf die Gesundheit wirkten und wirken? Man wollte halt Leuchten verkaufen, die man nicht auf den Bildschirmen reflektiert sehen würde. Dass diese Leuchten den Büros einen Höhlenlook verpassten? Ach, was, interessiert keinen.

Die zweite Chance kam etwa 10 Jahre später und war viel gewaltiger. Forscher hatten im Auge Sehzellen identifiziert, die die Tagesrhythmik der menschlichen Hormone steuern. Nur menschliche Hormone? Selbst Tiere der Tiefsee, die nie Tageslicht sehen, zeigen eine 24-Stunden-Rhythmik in ihrem Verhalten. Und ich dachte, jetzt werde man endlich sich den nicht-visuellen Wirkungen des Lichts annehmen. Das schien sich zu bewahrheiten, als die CIE im Jahr 2004 ein Symposium veranstaltete: "Light and Health: Non-visual effects". Vielleicht war der Tagungsort nicht allzu kreativ gewählt: Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien. Es folgten eher abstrakte Aktionen aber keine technischen Innovationen. Dass die CIE nicht vollends in einen Schnarchmodus verfallen war, erlebte die Welt als sie die Marschroute zu neuen Lichtwelten festlegte. In 2016 - also schlappe 12 Jahre später - erschien ein Technical Report "Research Roadmap for Healthful Interior Lighting Applications", vorbereitet unter der Leitung einer kanadischen Koryphäe, die Psychologin ist.

Wer allerdings dieses Werk studierte, konnte sich schnarchen legen, ohne befürchten zu müssen, etwas zu verpassen. Denn die zu klärenden Fragen wiesen gewaltige Ausmaße auf, während sich die geklärten Umstände in der CIE-Literatur ziemlich bescheiden ausnahmen. Doch die CIE war ungemein aktiv, für ihre Verhältnisse jedenfalls. Sie veröffentlichte eine offizielle Stellungnahme in 2015, in dem ein guter Slogan proklamiert wurde "Recommending proper light at the proper time", will sagen, "Das richtige Licht zur richtigen Zeit". Damit wollte man endlich damit aufhören, das falsche Licht zur falschen Zeit vorzuschreiben, was Beleuchtungsnormen weltweit tun und wohl auf absehbare Zeit tun werden. Unser Institut hatte in einem Gutachten für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zusammen mit dem lichttechnischen Institut der Uni Ilmenau just dies und viel mehr empfohlen, aber Jahre zuvor in 2011.

Die Stellungnahme der CIE wurde im Jahre 2019 erneut ausgegeben. Diesmal gab man an, endlich Butter bei die Fische zu tun. Man wolle in Zusammenarbeit mit der ISO die Norm ISO 8995-1:2002 alias CIE S 008:2001 wieder aktivieren. Diese war nämlich 2001 erschienen und von allen guten Geistern in Ruhe gelassen worden. Niemand hat sie je angewendet. Immerhin - man tut sein Bestes. Wir werden im Laufe des Jahrzehnts sicherlich erleben, dass die gute alte Norm ISO 8995 in voller Schönheit wieder aufersteht, bevor es 30 wird. Volljährig ist sie bereits 2019 gewesen, als die Erklärung erschienen war.

Damit die Zeit einem nicht langweilig wird, gibt es ein Technical Report zum Thema. Darin finden sich viele Statements zu den Vorteilen einer sog. "integrativen" Beleuchtung. Die heißt so, weil sie nicht nur die Wirkungen vom Licht auf das Sehen berücksichtigt, sondern auch auf die Gesundheit und das Wohlbefinden (s. oben die Bemerkung zum Kenntnisstand von 1968). Allerdings sind die deutlichen Warnungen nicht zu übersehen.

Will sagen, die Beleuchtung muss von qualifizierten Spezialisten geplant und auch angewendet werden. Zudem kann man gute Ergebnisse nur dann erzielen, wenn der Lichtplaner mit einer muttidisziplinären Mannschaft kooperiert, wozu u.a. angehören Arbeitsmediziner, Psychologen und sonstige. Mir sind die ersten beiden Expertengruppen bekannt, allerdings nicht aus der Lichtplanung. Die sonstigen sind wirklich wichtig. Man wüsste gerne, wer damit gemeint ist. Ansonsten muss der Lichtplaner eben selber zusehen, mit wem der kooperiert.

Was diese Expertengruppe wissen muss, bevor das integrative Licht geplant wird? Ganz einfach, wirklich unglaublich einfach:

  • Benutzereigenschaften (z.B. Altersverteilung, Sehfähigkeit, Gesundheitszustand)
  • Tätigkeitsprofil (vorwiegend stehend, vorwiegend sitzend oder in nur einer Position)
  • Kontrollierbare oder Nicht-kontrollierbare Benutzerpopulation

Man zeige mir auch nur einen einzigen Lichtplaner, der dieses Wissen hat. Nicht einmal der Arbeitgeber hat es.  Was wenn er es denn hätte? Seit einigen Jahrzehnten werden Bürohäuser "spekulativ" gebaut. D.h., man erstellt das Gebäude und vermietet oder verleast es anschließend. Zwar ist der künftige Mieter oft bekannt, der wird aber den Deubel tun und dem Lichtplaner Daten zur Verfügung stellen, die die Sehfähigkeit der Belegschaft oder gar den Gesundheitszustand aufschlüsseln. Zudem steht manches Gebäude zwar fast ewig, 80 Jahre oder länger. Die Nutzer geben sich aber die Klinke. So geschehen mit Denkmal geschützten Gebäuden von AEG in Berlin. Als die AEG in die ewigen Jagdgründe wechselte, übernahm Nixdorf diese und machte ein Innovationszentrum. Als dann auch Nixdorf der AEG in den Industriehimmel folgte, zog die Berliner Sparkasse ein. Deren MItarbeiter arbeiteten wie einst alle Büromenschen - sitzend. Mit der Ergonomie zog die stehende Arbeitsweise ein. Trotzdem will oder muss ein Teil der Belegschaft sitzend arbeiten. Was macht eigentlich die Expertentruppe mit diesbezüglichem Wissen, wenn sie es denn bekäme? Sie muss sie beachten, um Folgendes zu bewerten:

  • vorhersehbare Gesundheitsbedingungen, die zu erwarten sind
  • generalisierte Schlafrhythmen (es ist zu erwarten, dass Teenager andere Schlafgewohnheiten haben als ältere Insassen)
  • die Menge des Lichts am Auge, die benötigt wird, um eine circadiane Aktivierung zu erzeugen, was sich von Person zu Person unterscheidet.

Generalisierte Schlafrhythmen bewerten? Diese Aufgabe werden Lichtplaner einem mit Handkuss abnehmen. Von dem Lichtdesigner wird etwa eine ähnliche Fähigkeit erwartet wie von Clark Kent beim Heben von Lokomotiven samt Brücke, die einstürzen will. Z.B. muss dieser Folgendes können:

  • Es können Konflikte eintreten durch unterschiedliche Bedürfnisse (z.B. durch unterschiedliche Benutzer des gleichen Ortes). Der Designer muss das Problem lösen, ohne die Qualität der Beleuchtung zu beeinträchtigen.

Lichtdesigner und Lichtqualität! Den Lichtplaner oder Lighting Designer gibt es leider nicht. Es gibt zwar Menschen und Firmen, die sich so nennen, sie unterscheiden sich voneinander gewaltig. Deren Fachverbände versuchen seit Ewigkeiten, eine anerkannte Berufsbezeichnung durchzusetzen. Bislang vergeblich. Und Lichtqualität wurde zum 1.1.2021 nach 100-jähriger Geschichte der CIE zum ersten Mal erwähnt (hier oder da) Was die sein soll, muss noch ausgearbeitet werden. Wir haben ja Zeit.

Nachdem ich das alles gelesen hatte, habe ich den zuständigen Ausschuss gefragt, um was für eine Beleuchtung es hierbei handelt, das derart aufwändig gestaltet werden soll. Die Antwort lautet, alles gilt für jede Beleuchtung. Bevor ich demnächst zum Baumarkt gehe, um mir paar Lampen zu besorgen, werde ich anrufen und fragen, ob ich mein Beraterteam mitbringen muss oder ob der Baumarkt mir Psychologen, Arbeitsmediziner und auch sonstige zur Verfügung stellt.

Verstehen Sie jetzt, warum ich denke "Grandios vergeigt"?