Effizienz oder Ende der Gemütlichkeit

Man stelle sich eine griechische Taverna vor, die etwa 150 Jahre alt ist. Sie residiert über dem kleinen Fischereihafen von Perdika auf der Insel Ägina. Kleiner gemütlicher Raum mit einem echten Kamin, in dem echtes Holz von Pistazienbäumen echte Flammen produziert. Die Wände reflektieren die letzten 150 Jahre der Familiengeschichte, Männer in Seemannsuniformen, Frauen in Posen, die ich ohne Genehmigung unseres Genderbeauftragten nicht zeigen darf. Viel von dem Porzellan aus der guten alten Zeit hängt auch an den Wänden. Dazu die guten alten Petroleumlampen! Die haben die Elektrifizierung tapfer überlebt. Na ja, bis einer entdeckte …

Ach ja, die sind ja out. Ein findiger Vertreter der Lichtbranche hat dem Wirt erzählt, es gäbe etwas in LED, retrofit nennt es der Fachmann. Ergo" ran an die moderne Effizienz. Und so sieht es aus. (Das Bild widme ich den unermüdlichen Kämpfern des Berliner Senats, die unsere alten Gaslaternen durch moderne LED ersetzen, damit die Erleuchtung effizienter wird. Zu denen gehört mancher Professor, der im Wohnzimmer nur Kerzen duldet. Da muss ja nix effizient sein. Die Lehre gilt für andere.)

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Wer dieses Bild übertrieben scheußlich findet, sei eingeladen, die Taverna in natura zu erleben. Die LED-Lampe sieht noch scheußlicher aus als auf dem Bild, weil die Dynamik der Kamera nicht ausreicht, die Scheußlichkeit in voller Schönheit zu verewigen.

Wer glaubt, der Wirt sei einem Schwindler aufgesessen, den ein intimer Feind beauftragt hätte, sein Lokal zu verhunzen, sollte sich das nächste Bild ansehen. Es zeigt den Hafen des verschlafenen Ortes Mesolonghi aus der Sicht eines Freizeitkapitäns an, der hier einen gemütlichen Ort erwartet. Der Ort war einst auch so, dass der große Unterstützer der griechischen Revolution, Lord Byron, ihn für seinen Lebensabend als Szene (unfreiwillig) ausgesucht hatte. Hier liegt er begraben*. Ich möchte aber nicht hier begraben sein. Warum? Darum:

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  • *Lord Byron, der einzige Oberkommandierende der Griechen, der ein britischer Dichter war, starb in Mesolinghi und wurde nach England überführt. Sein Herz liegt aber hier begraben.

LEDs verwandeln elektrische Energie in Licht, angeblich effizienter als jedes andere Leuchtmittel, das in Frage kommt. Mag sein. Was nützt mir das, wenn fast das gesamte Licht in die falsche Richtung geschüttet wird? Im Falle der Petroleumlampe hat sie den Raum erhellt und blendete dabei wenig. Die LED hingegen verdunkelt die ganze Bude, indem sie perfekt blendet.

Die Laternen am Strand haben einst die Hafenmole beleuchtet und dem ankommenden Schiff die Stellen markiert, an denen der Skipper hat anlegen können. Jetzt muss man eine Schirmmütze tragen, um überhaupt noch etwas zu sehen. Blau macht offenbar nicht immer schlau. Die Lichter der kleinen Lokale kämpfen tapfer gegen die großen Bruder auf den Laternenpfählen. Vergebens, nicht einmal die Kamera erfasst sie vernünftig. Im Internet kann man natürlich das Bild vergrößern und die Lokale sichtbar machen. Der Skipper zieht die Vorhänge zu und trinkt lieber sein eigenes Bier.

Warten wir ab, was die Leute mit ihren flotten Werbesprüchen noch alles anrichten. Vor etwa 43 Jahren hatte ein Doktorand der Lichttechnik experimentell ermittelt, Menschen würden die Lichtfarbe warmweiß gegenüber Lampen mit höherer Farbtemperatur bevorzugen. Heute gilt, dass der höhere Blauanteil der LED die Kinder beruhigt, die Arbeitnehmer aktiviert, und den Rest der Welt schlau und glücklich macht, sobald ein blauer Lichtstrahl ihn trifft. Sogar Kühe geben besser Milch … Man kann Marketing!

 

2 Comments

  1. Antworten
    Halbritter Fritz 6. November 2016

    Das Ganze ist wie ein Virus, der um die Welt geht. In meinem rumänischen Dorf sieht es auch nicht anders aus.
    Vor allem blenden diese scheußlichen Dinger fürchterlich.Dass Licht die Hormonsteuerung des Menschen mit beeinflußt ,ist den Lichtplanern ja nicht bekannt, weil sie meist ohnehin nur unreflektiert den Unsinn der Industrie umsetzen.
    Die Römer sind um das Jahr 600 zum erheblichen Teil ausgestorben.Rom, die Millionenstadt hatte nur noch 50.000 Einwohner, vermutlich wegen des Zusammenbruchs der Zivilisation, sie vermehrten sich einfach nicht mehr.Unsere Zivilisation ist auch voll infiziert mit unnatürlicher Umwelt. Wir bekommen langsam das gleiche Problem.Stimmen die Hormone zur Vermehrung nicht mehr?

  2. Antworten
    ahmetpro 6. November 2016

    Was heißt hier rumänisches Dorf? (Ich will nächstes Jahr in dem Donaudelta paddeln. O graus?) In Rom hatte man das Solarium erfunden als Heilstätte mit Hilfe von Sol. Am Ende hatte Rom nicht 50.000 sondern nur noch 20.000 Einwohner. Hier gucken http://www.walkabout-talkabout.de/Istanbul/Ort.html

    Dass LED nicht blenden müssen, weiß ich. Das die Leuchtstofflampen auch nicht blenden müssen, wusste ich schon vor Jahrzehnten. Die tun es doch!

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